Der Finanzanalyst ist Informations-Prozessor zwischen institutionellem Investor und Emittent und Multiplikator einer Investment-Meinung, insbesondere von Anlageurteil und Kursziel der Aktie. Er ist unabhängiger Berater und Sparrings-Partner für das Management und seine Strategie. Er ist Kontaktvermittler und Organisator von Analysten- und Management-Roadshows. Sein Kunde ist der institutionelle Investor, zu dem er eine langjährige Beziehung aufbaut und den er individuell berät.
Die Todsünden des Investors sind:
- Vorstand (bzw. IRO) sind nicht erreichbar, vor allem nach wichtigen Ad-hoc-Meldungen bzw. Quartalszahlen; Vorstand ruft nicht zurück.
- Wichtige Unternehmensinformationen werden nicht über Ad-hoc- oder Pressemeldung kommuniziert.
Spam-Mails sind aber auch nicht hilfreich. - Nichteinhaltung des Finanzkalenders durch Vorabveröffentlichungen oder scheibchenweise Veröffentlichung der Quartalszahlen.
- Aussagen wie „Ich halte unsere Aktie für unterbewertet“ sollen dem Investor überlassen bleiben.
- Vorstand erscheint unvorbereitet, verspätet oder lustlos zum Roadshow-Termin beim Kunden, sein Handy ist im Investorengespräch nicht ausgeschaltet.
- Unternehmenspräsentationen und Website als Visitenkarten des Unternehmens weisen Fehler auf bzw. sind nicht auf dem neuesten Stand.
- Das Management kennt seine wichtigsten v. a. börsennotierten Wettbewerber nicht.
- Verfehlen der Guidance bzw. Vertuschen des Verfehlens der Guidance, z. B. durch außerordentliche
Effekte. Selbst eine einmalige Gewinnwarnung kann das Vertrauen am Kapitalmarkt langfristig belasten. - Dem Vorstand sind die wichtigsten Finanzkennzahlen des Unternehmens (RoE, Nettoverschuldung, Segmentergebnisse, Absatz nach Regionen) nicht bekannt.
- Prinzip der Gleichbehandlung aller Kapitalmarktteilnehmer, keine Bevorzugungen durch asymmetrische Weitergabe von Informationen.
Der Analyst ist spezialisiert auf bestimmte Branchen, z. B. Technologie oder Software. An wechselnde Marktbedingungen kann er flexibel reagieren und seine Meinung anpassen. In seinen Analysen muss er vereinfachen, nicht simplifizieren. Er erstellt voll integrierte Prognose-Modelle u. a. zu Segmentberichterstattung, GuV, Bilanz und Cashflow-Statement und umfangreiche Unternehmensanalysen inkl. SWOT-Analyse und Porter-Diagramm. Die hierfür notwendigen Informationen bezieht er vom Management, Kunden und Lieferanten des Unternehmens ebenso wie von Marktforschern, Wettbewerbern und Journalisten.
Das ideale Unternehmen für einen Analysten weist folgende Charakteristika auf:
- Das ideale Unternehmen hat eine hohe Marktkapitalisierung mit hohem Börsenumsatz, ist attraktiv bewertet und weist Alleinstellungsmerkmale in der Equity Story auf.
- Die Equity Story ist nachvollziehbar und kann knapp formuliert werden. „Knapp“ heißt: auf der „Rückseite einer Visitenkarte“ (W. Buffett).
- Das hohe organische Umsatzwachstum des Unternehmens wird unterlegt durch eine im Zeitablauf stetig steigende operative Profitabilität.
- Am Kapitalmarkt sind Pure Plays attraktiver als Konglomerate, Spezialisten attraktiver als Generalisten, produzierende Unternehmen attraktiver als Handel treibende, global tätige Unternehmen attraktiver als lokale.
- Unternehmen am Prime Standard sind attraktiver als am General Standard, eine AG ist attraktiver als eine KgaA.
- Übernahmen sollten grundsätzlich Wert schaffend sein, und zwar bereits kurzfristig.
Die Hebung von Synergieeffekten sollte nicht die alleinige Begründung für externes Wachstum sein. - Das Management spricht zum Jahresbeginn eine Umsatz- und Ergebnis-Guidance aus. Diese wird zumindest eingehalten, im Idealfall kann sie von Quartal zu Quartal angehoben werden.
- Das Unternehmen berichtet nach IAS. Jahresabschluss und Quartalsberichte werden in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht.
- Im Peergroup-Vergleich ist die Aktie attraktiv bewertet. Dabei gilt: Die Aktie eines guten Unternehmens
kann teuer, die Aktie eines schlechten Unternehmens billig sein. - Je kleiner die Marktkapitalisierung ist, desto weniger institutionelle Investoren können angesprochen werden und desto zielgenauer muss die Vermarktung erfolgen. Unter Umständen muss eine Privatkundenstrategie entwickelt werden.
Anhand der Analysten-Präsentation erhält der Analyst den ersten Eindruck von Ihrem Unternehmen. Teilen Sie das Handout zu Beginn Ihres Vortrags aus, Analysten machen sich darauf gerne Notizen. Haben Sie ausreichend Exemplare bei sich?
Folgende Punkte sollten in einer Analysten-Präsentation unbedingt behandelt werden:
- Grundsätzlich gilt: Das Wichtigste zuerst! Beachten Sie den pyramidalen Aufbau während Ihrer gesamten Präsentation. Die Aufmerksamkeitsspanne eines Analysten ist begrenzt, verschwenden Sie nicht die entscheidenden Anfangsminuten Ihres Vortrags mit Ihrem Lebenslauf!
- Geizen Sie nicht mit Daten! Gerade bei einer IPO-Präsentation gilt: Lieber eine Seite zu viel als zu wenig.
- Beginnen Sie mit einem Executive Summary. Arbeiten Sie die fünf wichtigsten Aussagen prägnant heraus!
- Untermalen Sie Ihre freie Rede mit Beispielen! Investoren und Analysten lieben Beispiele.
- Stellen Sie das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens en détail dar. Was produzieren Sie? Welchen Dienstleistungen bieten Sie an? Worin besteht Ihre Wertschöpfung?
- Warum gibt es gerade Ihr Unternehmen? Was ist Ihre Unique Selling Proposition, was macht Ihr Unternehmen erfolgreich? Wie lautet Ihr Mission Statement?
- In welchen Ländern sind Sie tätig und seit wann? Wie ist Ihre zukünftige Internationalisierungsstrategie?
- Wer sind Ihre wichtigsten Kunden? Zeigen Sie, wenn möglich, Referenzen! Seit wann bestehen diese Kundenbeziehungen? Bestehen Abhängigkeiten von Einzelkunden oder bestimmten Industrien?
- Wer sind Ihre wichtigsten Zulieferer? Bestehen Abhängigkeiten bei einzelnen Vorprodukten? Können Änderungen des Wechselkurses und Schwankungen der Rohstoffpreise auf die Kunden weitergereicht werden?
- Wie sind Ihre Marktanteile, bei Bedarf auch nach Segmenten unterteilt? Wer sind Ihre wichtigsten Wettbewerber? Wie schätzen Sie die Wettbewerbsintensität ein und warum? Worauf basiert Ihre Competitive Edge? Wie hoch sie die Markteintrittsbarrieren? Mit welchen Änderungen rechnen Sie? Sind Sie Qualitäts- oder Preisführer?
- Ist M&A ein Thema in Ihrem Unternehmen? Warum erwerben Sie andere Unternehmen? Auf welchen Faktoren basieren Ihre Kaufpreise? Wie ist Ihr Track Record? Mit welchen Synergieeffekten rechnen Sie nach der Übernahme?
- Was sind die Risiken Ihres Geschäftsmodells? Bleiben Sie speziell, zu allgemeine Aussagen helfen nicht weiter. Was haben Sie getan, um die Risiken zu minimieren?
- Worin besteht Ihre zukünftige Unternehmensstrategie? Was ist Ihre Vision?
- Welche makroökonomischen Faktoren determinieren Ihren Erfolg? Mit welchen weiteren Entwicklungen rechnen Sie bei den wichtigsten volkswirtschaftlichen Komponenten?
- Analysten bevorzugen eine umfangreiche Darstellung
Ihrer Finanzen: Als Must-have gelten:- Umsatz und Umsatzwachstum, organisch vs. externes Wachstum, u. U. nach Bereichen und Regionen
- Auftragseingang und Auftragsbestand
- Entwicklung des operativen Ergebnisses und der operativen Marge
- Welche Kapitalstruktur streben Sie an?
- Entwicklung des operativen Cashflows und des Free Cashflows
- Auswirkungen des US-Dollar bzw. wichtiger Rohstoffpreise auf GuV und Bilanz, evtl. mit Szenarioanalyse
- Mit welcher Steuerquote rechnen Sie?
- Je weiter Sie in die Vergangenheit zurückgehen (können), desto besser.
- Erstellen Sie eine Guidance bezüglich Umsatz und Ertrag, u. U. nach Bereichen. Auf welchen Erwartungen bezüglich Konjunktur, US-Dollar etc. basiert diese Guidance? Seien Sie bewusst konservativ! Die vor dem IPO ausgegebene Guidance muss in jedem Fall erreichbar sein.
- Erstellen Sie eine möglichst umfangreiche Unternehmensgeschichte. Zeigen Sie ein Organigramm Ihres Unternehmens.
- Wie ist die aktuelle Aktionärsstruktur? Welche Aktionärsstruktur streben Sie nach dem IPO an?
- Aufbau des Management Boards und des Aufsichtsrates erst zum Schluss Ihrer Präsentation. Vergessen Sie nicht Ihre Kontaktdaten: Nicht nur zum IPO ist die jederzeitige Erreichbarkeit des Managements für den Analysten unabdingbar
- Erstellen Sie einen Finanzkalender über die geplanten Veröffentlichungen bzw. wichtigsten Events (Teilnahme an Messen oder Konferenzen) des kommenden Jahres.
- Verwenden Sie seriöse Quellen!
Autor: Peter Thilo Hasler
PDF: Vorbereitung auf Analystenmeetings