4.21. Communication Guidelines

Ein IPO lebt von der Kommunikation – der Emittent und die emissionsbegleitenden
Banken wenden sich bewusst an die Öffentlichkeit, um die Transaktion zu „vermarkten“ und zu einem wirtschaftlichen Erfolg werden zu lassen. Damit diese
Kommunikation in geordneten Bahnen verläuft und die rechtlichen wie auch wirtschaftlichen Risiken eines fehlgeleiteten oder rechtswidrigen Kommunikationsverhaltens vermieden werden, verpflichten sich die wesentlichen Beteiligten eines IPOs freiwillig zur Befolgung bestimmter Regeln und Abläufe, die in einem zwischen diesen Beteiligten zirkulierten Memorandum, den Communication Guidelines, festgelegt sind.

Risikovermeidung als Zweck

„Communication Guidelines“ oder „Kommunikationsrichtlinien“ (mitunter auch „Publicity Guidelines“ oder „Publizitätsrichtlinien“ genannt) verfolgen den Zweck, die Unternehmenskommunikation von Emittenten im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Aktienemissionen so zu regeln, dass sie im Einklang mit rechtlichen Vorschriften und der Marktpraxis steht. Damit sollen im Interesse aller Parteien negative Folgen für die Beteiligten und die Transaktion vermieden werden. Eine zwischen den Parteien nicht abgestimmte, inhaltlich fehler- oder risikobehaftete, gegenüber den falschen Personen oder zum falschen Zeitpunkt betriebene Kommunikation birgt vor allem folgende Gefahren:

  • Zivilrechtliche Haftungsrisiken
  • Strafrechtliche Verantwortlichkeit
  • Aufsichtsbehördliche Untersagung der Transaktion
  • wertpapierprospektrechtliche Implikationen und
  • Reputationsrisiken

Richtig verfasst und angewendet, können Communication Guidelines helfen, die obigen Risiken rechtzeitig zu identifizieren und zu vermeiden. Kein Zweck der Communication Guidelines ist es jedoch, dem Unternehmen eine inhaltliche Zensur aufzuerlegen oder die routinemäßige, geschäftsübliche Unternehmenskommunikation zu beschränken. Es handelt sich vielmehr um ein – zugegebenermaßen oft mühsames, aber notwendiges – Verfahren zur Vorprüfung von Veröffentlichungen mit potenziellem Bezug zum IPO, von denen sich die meisten als unproblematisch herausstellen werden. Sollte es doch Diskussionspunkte geben, wird am Ende des Prüfungsprozesses jeweils eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten stehen.

Verfasser und Format

Communication Guidelines werden für gewöhnlich von den Rechtsberatern des Emittenten nach enger Absprache mit den Rechtsberatern der emissionsbegleitenden Banken erstellt. Es handelt sich vom Format her um ein juristisches Memorandum, das an den Emittenten als Empfänger sowie an die emissionsbegleitenden Banken und deren Rechtsberater als Kopieempfänger adressiert ist. Einbezogen in den Adressatenkreis sind gegebenenfalls die abgebenden und/oder wesentlichen Aktionäre des Emittenten. Diese spielen zum einen in der Transaktion eine eigene wichtige Rolle als entscheidungsbefugte Eigentümer oder Verkäufer. Zum anderen betreiben sie, falls es sich ihrerseits um größere Unternehmen handeln sollte, ihre eigene Unternehmenskommunikation, die ebenfalls Bezüge zur geplanten Transaktion aufweisen könnte und damit prüfungsbedürftig ist.

Communication Guidelines sollten möglichst früh in der Transaktion erstellt und an die für das IPO gebildete Arbeitsgruppe versendet werden, was gleichzeitig auch den Beginn der Wirksamkeit der in ihnen enthaltenen Empfehlungen bedeutet.

Typischer Zeitpunkt für den Versand ist die Phase unmittelbar nach dem Kick-off-Meeting, wenn die Beteiligten der Transaktion und die grundsätzliche Struktur feststehen sowie beispielsweise geklärt ist, ob auch eine Privatplatzierung in den USA durchgeführt werden soll.

Es ist ratsam, die Inhalte der Communication Guidelines in einer Sitzung mit dem Emittenten detailliert vorzustellen oder den relevanten Personen beim Emittenten in Schulungen zu erläutern. Nur durch derartige begleitende Maßnahmen kann vor allem in Großunternehmen mit vielen in die Unternehmenskommunikation eingebundenen Stellen eine zuverlässige Anwendung der Regeln und Empfehlungen gewährleistet werden.

Aufbau und Inhalte

Communication Guidelines sind meist wie folgt aufgebaut:

  • Einführender Teil zu Zweck, Adressatenkreis, sachlichem und zeitlichem Anwendungsbereich
  • Beschreibung der relevanten rechtlichen Hintergründe, aufgrund derer sich Beschränkungen in der Kommunikation im Zusammenhang mit IPOs ergeben
  • Auflistung von Empfehlungen für bestimmte Kommunikationssituationen, beispielsweise Werbekampagnen, Internet-Inhalte, Verhalten gegenüber Journalisten
  • Anhang mit Mustertexten für rechtliche Hinweise (Disclaimer), mit denen bestimmte Kommunikation im Einzelfall zu versehen ist.

Im deutschen Markt wird den Communication Guidelines typischerweise das deutsche, englische und US-amerikanische Recht zugrunde gelegt. Dies hat seinen Hintergrund in der typischen Angebotsstruktur von IPOs, die i. d. R. ein öffentliches Angebot von Aktien in Deutschland und Privatplatzierungen bei institutionellen Investoren innerhalb Europas sowie ggf. in den USA vorsehen. Hierfür spielen neben dem deutschen auch das englische und das US-amerikanische Recht aufgrund ihrer weiten Anwendungsbereiche eine wichtige Rolle. Beispielsweise könnte sich selbst eine auf Europa beschränkte Ansprache von Investoren auch an gesetzlich definierte „U.S. Persons“ richten und damit die Anwendbarkeit des US-amerikanischen Rechts begründen. Zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen zählen insbesondere das deutsche Wertpapierprospektgesetz, der Financial Services and Markets Act 2000 und der U.S. Securities Act von 1933. Gegebenenfalls sind rechtliche Vorschriften aus weiteren Ländern zu erläutern, etwa wenn die Transaktion ein zusätzliches öffentliches Angebot von Aktien in einem weiteren Land vorsieht.

Die erfassten Kommunikationsformen sind weit auszulegen und umfassen jede Art von Informationsweitergabe.
Unter „relevanter Information“ als der zentrale, weit definierte Begriff wird diejenige Kommunikation verstanden, die im Zusammenhang mit dem Angebot steht oder sich auf dieses bezieht (Beispiel: Werbeanzeige in der Zeitung über das bevorstehende IPO), Auswirkungen auf die Beurteilung des Emittenten oder die Entscheidung der Investoren haben kann (Beispiel: Veröffentlichung von Finanzinformationen oder Prognoseangaben im Vorfeld des IPOs) oder die Wirkung haben könnte, den Markt für die Aktien zu beeinflussen oder das Interesse am Angebot zu fördern (Beispiel: Journalisteninterviews im Zusammenhang mit dem IPO).
Wesentliche inhaltliche Themenkreise in den Empfehlungen sind die folgenden Beispielsszenarien, für die jeweils detaillierte Handlungsanweisungen gegeben und einzelne Beschränkungen auferlegt werden:

  • Presseanfragen und -anrufe
  • Gewinnprognosen und -schätzungen
  • Werbung
  • Pressemitteilungen
  • Kontakte mit Brokern, Banken und Analysten
  • Konferenzen und öffentliche Präsentationen
  • Interne Kommunikation innerhalb der Emittentengruppe
  • Internet-/Intranetinhalte und -links
  • Research Reports

Verfahren der Vorabprüfung

Grundsätzlich ist vorgesehen, dass der Emittent jede „relevante Information“ (siehe vorherige Seite) rechtzeitig im Voraus vorlegt. Hierzu bestimmt der Emittent eine „richtlinienverantwortliche Person“ im Unternehmen. Dies sind ein oder mehrere Mitarbeiter des Emittenten, die mit den Communication Guidelines vertraut und in die Unternehmenskommunikation eingebunden sind. Auch bei den emissionsbegleitenden Banken, deren Rechtsberatern, den Rechtsberatern des Emittenten und ggf. externen PR-/IR-Beratern werden zuständige Ansprechpartner benannt. Die Prüfung der Kommunikation erfolgt innerhalb dieser speziellen Arbeitsgruppe. Das Ergebnis kann sein, dass Entwürfe unproblematisch zur Veröffentlichung freigegeben werden oder sich zunächst eine Diskussion entwickelt, wonach ggf. Änderungen bestimmter für das IPO kritische Einzelaussagen erforderlich sind.

Kurzübersicht – was hat der Emittent insbesondere zu unterlassen?

  • Unrichtige, irreführende und unvollständige Äußerungen in jeglicher Form
  • Mündliche und schriftliche Kommunikationsinhalte, die nicht mit dem Inhalt des Wertpapierprospekts im Einklang stehen
  • Äußerungen, die – vor und neben der Veröffentlichung des Wertpapierprospekts – als öffentliches Verkaufsangebot oder als Marktbeeinflussung in Bezug auf die Aktien des Emittenten ausgelegt werden können
  • Bestimmte Formen von Finanz-, Marken- und Imagewerbung
  • Quantitative und bestimmte qualitative Zukunftsaussagen
  • Auf den englischen oder US-amerikanischen Kapitalmarkt abzielende Verkaufsbemühungen, einschließlich Nachrichtenbeiträgen in den einschlägigen Medien mit englischer oder USVerbreitung
  • Kontakte mit Brokern, Banken (außerhalb des Kreises der emissionsbegleitenden Banken) und Finanzanalysten mit Bezug zur geplanten Transaktion

Autor:

PDF: Communication Guidelines

4.22. Die Rolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend „BaFin“) verfolgt als selbstständige Bundesanstalt des Bundesministeriums der Finanzen mittels Aufsicht über Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel sowie über dessen Teilnehmer das Ziel, die Funktionsfähigkeit, Integrität und Stabilität
des Finanzsystems zu sichern. Die Aufgaben der BaFin im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion über den Wertpapierhandel werden nachfolgend dargestellt.

Mit der Aufnahme der Notierung eines Wertpapiers in einem regulierten Markt oder im Freiverkehr unterliegen der Emittent und seine Aktionäre oder Wertpapierinhaber einer Reihe von Zulassungsfolgepflichten, deren Beachtung der Kontrolle der BaFin unterliegt. Neben diesen kapitalmarktrechtlichen Pflichten bestehen – beispielsweise auf Basis des Aktienrechtes – noch weitere rechtliche Verpflichtungen des börsennotierten Emittenten und Einschränkungen im Rahmen seiner rechtlichen Ausgestaltung (Satzung, Hauptversammlung etc).

Die Art und Weise der Veröffentlichungen, deren Sprachwahl und Aufbewahrung ist in der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpAIV) detailliert geregelt.

Allgemeines

Ziel der Wertpapieraufsicht der BaFin ist es, im öffentlichen Interesse die Transparenz und Integrität des Finanzmarktes sowie den Anlegerschutz zu gewährleisten. Die wesentlichen Aufgaben der BaFin im Zusammenhang mit einem IPO sind:

Prüfungskompetenzen:

  • Prüfung von Wertpapierprospekten
  • Hinterlegung von Wertpapierprospekten

Aufsichtskompetenzen:

  • Überwachung der Marktteilnehmer
  • Verfolgung von Insiderhandel

Die BaFin übt die Aufsicht über die Marktteilnehmer aus und kann den Handel in Wertpapieren vorübergehend
untersagen. Sie kann Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, diese Missstände zu beseitigen oder zu verhindern (§ 14 WpHG). Die BaFin hat Ermittlungsbefugnisse und kann unter anderem von jedermann Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen und die Überlassung von Kopien verlangen sowie Personen laden und vernehmen, soweit dies aufgrund von Anhaltspunkten für die Überwachung von Verboten oder der Einhaltung von Geboten erforderlich ist. Mitarbeitern der BaFin ist ferner das Betreten der Geschäftsräume auskunftspflichtiger Personen zu gestatten. Sie leitet Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat begründen, der Staatsanwaltschaft weiter.

Prüfungskompetenzen

Für Wertpapiere, die öffentlich zum Kauf oder zur Zeichnung angeboten werden, muss grundsätzlich ein Wertpapierprospekt veröffentlicht werden (§ 3 Abs. 1s WpPG). Ferner ist für Wertpapiere, die im Inland zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen werden sollen in der Regel ein Wertpapierprospekt zu erstellen (§ 3 Abs. 3 WpPG), und zwar unabhängig davon, ob mit der Zulassung zum regulierten Markt zugleich ein öffentliches Verkaufsangebot unterbreitet werden soll (beispielsweise im Falle eines bloßen Listings zur Gewährleistung der börsenmäßigen Fungibilität der Aktien). Der bedeutendste regulierte Markt in Deutschland ist der regulierte Markt der Frankfurter Wertpapierbörse mit seinen Transparenzstandards Prime Standard
und General Standard. Die Veröffentlichungspflicht trifft den Anbieter der Wertpapiere und kann daher neben dem Emittenten auch Dritte, insbesondere die Emissionsbank, mit einbeziehen.

Der Wertpapierprospekt soll eine breite Informationsbasis über Wertpapiere und den Emittenten vermitteln, um den Anlegern eine informierte Investitionsentscheidung zu ermöglichen (§ 5 WpPG). Dem Wertpapierprospekt kommt damit gleichermaßen Haftungs- wie Enthaftungsfunktion zu. Die Prospektverantwortlichen haften einerseits für eine wesentliche Unvollständigkeit und Unrichtigkeit, der Anleger kann sich andererseits auf offen gelegte Tatsachen nicht berufen. Dabei führt die Prüfung und Billigung der BaFin nicht zu einem Haftungsausschluss oder einer Haftungseinschränkung.

Der Wertpapierprospekt bedarf der Billigung durch die BaFin (§ 13 WpPG). Vor der Billigung darf der Wertpapierprospekt nicht veröffentlicht werden. Der Prüfungsumfang der BaFin umfasst dabei die Vollständigkeit und innere Widerspruchsfreiheit, nicht jedoch die inhaltliche Richtigkeit der im Wertpapierprospekt getroffenen Aussagen oder die Bonität des Veröffentlichens oder Emittenten.

Mit der Billigung ist der BaFin eine PDF-Version des Wertpapierprospektes zur Verfügung zu stellen. Diese
stellt die BaFin auf ihrer Homepage dem breiten Anlegerpublikum – auch zum Download – für jeweils zwölf Monate zur Verfügung.

Das Billigungsverfahren

1. Aufzunehmende Finanzinformationen

Im Vorfeld der Erstellung des Wertpapierprospekts und zeitgleich mit der Durchführung der Tax und Legal Due Diligence werden die in den Wertpapierprospekt aufzunehmenden historischen Finanzinformationen mit der BaFin erörtert. Ziel dieses Gespräches ist die frühzeitige Aufbereitung von Finanzinformationen, um spätere Verzögerungen oder Unklarheiten zu vermeiden.

Zum Zwecke der dem Emittenten dessen Abstimmung formulieren die Berater zusammen mit der Emittentin deren gesellschaftsrechtliche, organisatorische und betriebliche Historie, stellen die Struktur des Emittenten dar und erläutern die seiner Ansicht nach aufzunehmenden Finanzinformationen.

2. Von der ersten Einreichung bis zur Billigung

Mit Abschluss oder gegen Ende der Due Diligence wird der Wertpapierprospekt ausgefertigt und bei der BaFin zur Billigung eingereicht.

Der Inhalt des Wertpapierprospekts richtet sich im Wesentlichen nach dem WpPG, der Verordnung der EG Nr. 809/2007 sowie den CESR-Richtlinien.

Mit dem Wertpapierprospekt ist ein Antragsschreiben, die Originalvollmacht des Antragsstellers, für den Emittenten zu handeln, und eine Aufstellung der Querverweise nach Art 25 Abs. 4 der Verordnung der EG Nr. 809/2007 (sog. Referenzliste) einzureichen. Die Referenzliste stellt eine Synopse zwischen Wertpapierprospekt
und der Verordnung der EG Nr. 809/2007 da.

Die BaFin hat zwanzig Werktage Zeit, den Wertpapierprospekt zu prüfen und zu billigen, sofern der Wertpapierprospekt im Rahmen eines erstmaligen öffentlichen Verkaufsangebots veröffentlicht werden soll, in allen anderen Fällen beträgt die Frist zehn Werktage (§ 13 Abs. 2 WpPG).

3. Anhörungsschreiben der BaFin im Billigungsverfahren

Die Ersteinreichung und gegebenenfalls Folgeeinreichungen werden bis zur Billigungsreife durch die BaFin mit Anhörungsschreiben beantwortet. Die BaFin führt hierin Beanstandungen auf, beispielsweise dass Angaben fehlen, evident unrichtig (selten) oder widersprüchlich sind.

Der Emittent und dessen Berater arbeiten die Anmerkungen der BaFin im steten Dialog mit der BaFin ab und reichen den Wertpapierprospekt in überarbeiteter Fassung erneut ein.

Folgeeinreichungen beinhalten stets eine Aktualisierung der Referenzliste. Zudem ist es üblich, eine Änderungsversion einzureichen, die sämtliche Modifikationen des Wertpapierprospektes aufzeigt, verbunden mit einer Entsprechenserklärung, in der versichert wird, dass nur die in der Änderungsversion erkennbaren Modifikationen vorgenommen wurden. Der gesetzliche Prüfungsumfang der BaFin reduziert sich dadurch zwar nicht; gleichwohl wird das Billigungsverfahren faktisch beschleunigt.

Der Erlass eines Anhörungsschreibens und die erneute Einreichung des Wertpapierprospekts lösen den Neubeginn der Billigungsfrist von zwanzig respektive zehn Werktagen aus.

Erfahrungsgemäß verkürzt sich die Prüfungsdauer – je nach Umfang der vorgenommenen Änderungen – mit jeder Einreichung stark und kann schlussendlich auch nur einen Tag oder Stunden betragen.

4. Billigung und Veröffentlichung

Vorfeld in Grenzen abstimmbar. Die Billigung erfolgt durch Verwaltungsakt gegenüber dem Antragssteller.
In der Folge ist der Wertpapierprospekt spätestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebots zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 1 WpPG).

Den gebilligten Wertpapierprospekt bewahrt die BaFin zehn Jahre auf (§ 14 Abs. 6 WpPG). Er hat – sofern durch Nachträge aktualisiert – ein Jahr Gültigkeit (§ 9 Abs. 1 WpPG).

Aufgrund des sogenannten europäischen Passes kann der Emittent nach erfolgter Notifizierung und Abfassung einer Zusammenfassung in der Sprache des Ziellandes auf Basis eines einmal im Herkunftsland gebilligten Prospekts seine Wertpapiere auch in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums öffentlich anbieten oder zum Handel an einem regulierten Markt zulassen (§ 17 Abs. 1 WpPG).

Aufsichtskompetenzen:

Mit der Aufnahme der Notierung eines Wertpapiers unterliegen die Emittentin und deren Aktionäre oder Wertpapierinhaber einer Reihe von Zulassungsfolgepflichten, deren Beachtung der Kontrolle der BaFin unterliegt.

Zulassungsfolgepflichten und die Aufsicht der BaFin

Es ist zu unterscheiden, ob die Wertpapiere von Emittenten im Inland in einem regulierten Markt zugelassen sind oder im Freiverkehr zum Handel einbezogen sind. Die Zulassungsfolgepflichten für Emittenten, deren Wertpapiere einem regulierten Markt zugelassene sind, gehen deutlich über die für Emittenten im Freiverkehr hinaus.Um der Zulassungspflicht gerecht zu werden, müssen die Emittenten verschiedene Sachverhalte mitteilen und gegebenenfalls veröffentlichen.

Die Art und Weise der Veröffentlichungen, deren Sprachwahl und Aufbewahrung ist in der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpAIV) detailliert geregelt.

Nachfolgend sollen die wesentlichen Zulassungsfolgepflichten nach dem WpHG umrissen werden.

Daneben bestehen Emittenten, deren Aktien im Freiverkehr und regulierten Markt notiert sind, weitere Regularien nach anderen Gesetzen, beispielsweise dem Aktiengesetz (bspw. Corporate Governance Kodex).

Ad-hoc-Mitteilungen

§ 15 WpHG verpflichtet Emittenten, deren Wertpapiere in einem regulierten Markt zum Handel zugelassen sind, zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen. Insiderinformationen sind öffentlich unbekannte konkrete Informationen, die den Emittenten oder dessen Aktien unmittelbar betreffen und die bei bekanntwerden den Börsenkurs ihrer Aktien erheblich beeinflussen können. Dies können auch Gerüchte sein.

Im Freiverkehr besteht diese gesetzliche Verpflichtung nicht. In Teilbereichen des Freiverkehrs mit zusätzlichen Transparenzanforderungen, wie dem Entry Standard, sind Emittenten auf vertraglicher Grundlage zu entsprechenden Veröffentlichungen verpflichtet (siehe bspw. § 17 Abs. 2 AGB für den Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse).

Ob ein Umstand oder eine Tatsache veröffentlichungspflichtig ist, hängt stark vom Einzelfall ab.

Schwellenwertmitteilung

Gemäß § 21 WpHG müssen Aktionäre von Emittenten, deren Wertpapiere in einem regulierten Markt zugelassen sind, binnen einer Frist von vier Handelstagen das Erreichen, Unter- oder Überschreiten von Beteiligungsschwellen in Höhe von 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % unter Angabe der Höhe ihres aktuellen Stimmrechtsanteils dem Emittenten und der BaFin melden. Neben dem Anteilsbesitz des Aktionärs sind ihm unter Umständen auch Stimmrechte Dritter zuzurechnen.

Die Emittenten haben die Mitteilungen ihrer Aktionäre daraufhin binnen drei Handelstagen zu veröffentlichen und dies der BaFin mitzuteilen (§ 26 WpHG).

Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte

Nach § 26a WpHG müssen Emittenten, deren Wertpapiere im regulierten Markt zugelassen sind, die Gesamtzahl der bestehenden Stimmrechte am Ende eines jeden Monats, in dem es zu Veränderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte gekommen ist, veröffentlichen. Zu diesbezüglichen Veränderungen kommt es beispielsweise durch die Ausgabe neuer, stimmberechtigter Aktien, dem Einzug oder sonstige Kapitalherabsetzung von Aktien oder dem Erwerb oder die Veräußerung von eigenen Aktien durch die Emittenten.

Geschäfte von Personen mit Führungsaufgaben

Gemäß § 15a WpHG haben diejenigen Personen, die bei Emittenten, deren Wertpapiere im regulierten Markt zugelassen sind, Führungsaufgaben wahrnehmen und/oder bestimmte nahe Angehörige, eigene Geschäfte mit Aktien der Emittenten oder sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten, der Emittenten und der BaFin innerhalb von fünf Werktagen mitzuteilen. Die Emittenten haben diese Mitteilungen zu veröffentlichen.

Veröffentlichung von Finanzberichten und Zwischenmitteilungen

Gemäß § 37v WpHG haben Emittenten, deren Wertpapiere im regulierten Markt zugelassen sind, für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresfinanzbericht, bestehend aus Jahresabschluss, Lagebericht und Bilanzeid, zu erstellen und spätestens vier Monate nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahrs zu veröffentlichen. Ferner haben sie einen Halbjahresfinanzbericht, bestehend aus verkürztem Abschluss, Zwischenlagebericht und Bilanzeid, aufzustellen und diesen unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraums zu veröffentlichen. Darüber hinaus haben Emittenten gemäß § 37x WpHG in einem Zeitraum zwischen zehn Wochen nach Beginn und sechs Wochen vor Ende der ersten und zweiten Hälfte des Geschäftsjahrs jeweils eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung zu veröffentlichen. Sofern das
Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, hat die Veröffentlichung der Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung zwischen dem 15. März und dem 15. Mai, respektive dem 15. September und dem 15. November zu erfolgen.

Jährliches Dokument

Das Jährliche Dokument ist eine Gesamtübersicht gemäß § 10 WpPG, das nahezu sämtliche Informationen
enthält oder auf sie verweist, die Emittenten im Laufe eines Jahres veröffentlicht haben. Es ist zu veröffentlichen und nach der Offenlegung des Jahresabschlusses bei der Bundesanstalt zu hinterlegen.

Insiderhandel

Es ist verboten, unter Verwendung von Insiderinformationen für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen Insiderpapiere zu erwerben oder zu veräußern, Dritten Insiderinformationen unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen oder auf der Grundlage einer Insiderinformation den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren zu empfehlen (§ 14 WpHG). Insiderinformationen sind konkrete Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen (§ 13 WpHG). Eine solche Eignung ist gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.

Insiderverzeichnisse

Emittenten, deren Wertpapiere in einem regulierten Markt zugelassen sind, und in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnde Personen haben Verzeichnisse über solche Personen zu führen, die für sie tätig sind und bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen haben (§ 15b WpHG). Diese Verzeichnisse müssen unverzüglich aktualisiert werden und der BaFin auf Verlangen übermitteln werden.

Marktmanipulation

Nach § 20a WpHG erfüllen bestimmt Handlungen Verbotsbestände. So ist es beispielsweise verboten, unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind oder Geschäfte vorzunehmen oder Aufträge zu erteilen, die geeignet sind,
falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Die BaFin überwacht die Marktteilnehmer im Hinblick hierauf.

Zulassungsfolgepflichten – Art und Weise der Veröffentlichung, deren Sprachwahl und Aufbewahrung

Aktive europaweite Verbreitung

Bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Veröffentlichungspflichten sind Emittenten im Allgemeinen verpflichtet, Medien zu nutzen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie die Information in der gesamten Europäischen Union und in den übrigen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verbreiten. Gefordert wird eine aktive europaweite Verbreitung der Mitteilung, wobei hierbei ein Bündel unterschiedlicher Medienarten zu nutzen ist. Die BaFin sieht dabei die Einhaltung eines Mindeststandards als erforderlich an, wonach ein angemessenes Medienbündel mindestens besteht aus

  • einem elektronisch betriebenen Informationsverbreitungssystem (bei Insiderinformationen
    verpflichtend),
  • einem News-Provider,
  • einer Nachrichtenagentur (bspw. Reuters),
  • einem Printmedium (bspw. Börsenpflichtblätter) und
  • Internetseiten (auch die des eigenen Unternehmens).

Nach der BaFin muss davon mindestens ein Medium eine aktive europaweite Verbreitung ermöglichen können. Die Auswahl der Medienarten und die Anzahl der Medien richten sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Börsenzulassungen des Emittenten im europäischen In- und Ausland.

Emittenten haben bei der Übermittlung der zu veröffentlichenden Mitteilungen an die von ihnen ausgewählten Medien

  • eine sichere Identifizierbarkeit,
  • hinreichenden Schutz gegen unbefugte Zugriffe oder Veränderungen der Daten,
  • die Vertraulichkeit und Sicherheit der Übersendung und
  • die Möglichkeit, Übertragungsfehler oder -unterbrechungen unverzüglich zu beheben,

gemäß § 3a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpAIV zu gewährleisten.

Die BaFin sieht dabei eine Übermittlung per Telefax an die Medien als grundsätzlich geeignet an. Hingegen soll eine bloße Versendung per E-Mail (unverschlüsselt bzw. über eine ungesicherte Verbindung) nicht genügen. Bei der Übersendung haben Emittenten

  • ihren Name und Anschrift,
  • einen Betreff (Veröffentlichung gemäß § …,
  • Tag und Uhrzeit der Übersendung und
  • das Ziel, die Information als eine vorgeschriebene Information europaweit zu verbreiten,

anzugeben. Zur Erfüllung ihrer Veröffentlichungspflicht kann ein Service Provider genutzt werden (§ 3a Abs. 4 WpAIV). Der Emittent bleibt hierbei jedoch für die Veröffentlichung verantwortlich. Der Emittent schuldet i. d. R. nicht den Veröffentlichungserfolg, wohl aber die Zuleitung der Veröffentlichung an ein angemessenes Medienbündel mit der Möglichkeit der europaweiten Verbreitung der Mitteilung.

Hinsichtlich der Verbreitung von Insiderinformationen schuldet der Emittent auch den Veröffentlichungserfolg
durch ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem. Ad-hoc-Mitteilungen sind gemäß § 5 Abs. 2 WpAIV nach der Veröffentlichung für mindestens einen Monat lang über einen leicht erkennbaren Hinweis auf ihrer Internetpräsenz einzustellen.

Sprache der Veröffentlichung

Sofern Emittenten die Mitteilung in englischer Sprache erhalten haben, können sie die Veröffentlichung ebenfalls in Englisch vornehmen, § 20 WpAIV.

Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 3c WpAIV)

Emittenten haben im Anschluss an die Veröffentlichung der BaFin einen Nachweis zukommen zu lassen über

  • den Text der Veröffentlichung,
  • die zur Verbreitung genutzten Medien,
  • den Zeitpunkt der Versendung der Mitteilung

und müssen gemäß § 3a Abs. 3 WpAIV in der Lage sein, folgende Informationen sechs Jahre lang auf Anforderung der BaFin zur Verfügung zu stellen:

  • Person, die die Mitteilung an die Medien gesandt hat,
  • die für die Übersendung an die Medien verwandten Sicherheitsmaßnahmen
  • Tag und Uhrzeit der Übersendung an die Medien,
  • das Mittel der Übersendung an die Medien und
  • gegebenenfalls alle Daten zu einer Verzögerung der Veröffentlichung.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend „BaFin“) verfolgt als selbstständige Bundesanstalt des Bundesministeriums der Finanzen mittels Aufsicht über Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel sowie über dessen Teilnehmer das Ziel, die Funktionsfähigkeit, Integrität und Stabilität
des Finanzsystems zu sichern. Die Aufgaben der BaFin im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion über den Wertpapierhandel werden nachfolgend dargestellt.

Mit der Aufnahme der Notierung eines Wertpapiers in einem regulierten Markt oder im Freiverkehr unterliegen der Emittent und seine Aktionäre oder Wertpapierinhaber einer Reihe von Zulassungsfolgepflichten, deren Beachtung der Kontrolle der BaFin unterliegt. Neben diesen kapitalmarktrechtlichen Pflichten bestehen – beispielsweise auf Basis des Aktienrechtes – noch weitere rechtliche Verpflichtungen des börsennotierten Emittenten und Einschränkungen im Rahmen seiner rechtlichen Ausgestaltung (Satzung, Hauptversammlung etc).

Die Art und Weise der Veröffentlichungen, deren Sprachwahl und Aufbewahrung ist in der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpAIV) detailliert geregelt.

Allgemeines

Ziel der Wertpapieraufsicht der BaFin ist es, im öffentlichen Interesse die Transparenz und Integrität des Finanzmarktes sowie den Anlegerschutz zu gewährleisten. Die wesentlichen Aufgaben der BaFin im Zusammenhang mit einem IPO sind:

Prüfungskompetenzen:

  • Prüfung von Wertpapierprospekten
  • Hinterlegung von Wertpapierprospekten

Aufsichtskompetenzen:

  • Überwachung der Marktteilnehmer
  • Verfolgung von Insiderhandel

Die BaFin übt die Aufsicht über die Marktteilnehmer aus und kann den Handel in Wertpapieren vorübergehend
untersagen. Sie kann Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, diese Missstände zu beseitigen oder zu verhindern (§ 14 WpHG). Die BaFin hat Ermittlungsbefugnisse und kann unter anderem von jedermann Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen und die Überlassung von Kopien verlangen sowie Personen laden und vernehmen, soweit dies aufgrund von Anhaltspunkten für die Überwachung von Verboten oder der Einhaltung von Geboten erforderlich ist. Mitarbeitern der BaFin ist ferner das Betreten der Geschäftsräume auskunftspflichtiger Personen zu gestatten. Sie leitet Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat begründen, der Staatsanwaltschaft weiter.

Prüfungskompetenzen

Für Wertpapiere, die öffentlich zum Kauf oder zur Zeichnung angeboten werden, muss grundsätzlich ein Wertpapierprospekt veröffentlicht werden (§ 3 Abs. 1s WpPG). Ferner ist für Wertpapiere, die im Inland zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen werden sollen in der Regel ein Wertpapierprospekt zu erstellen (§ 3 Abs. 3 WpPG), und zwar unabhängig davon, ob mit der Zulassung zum regulierten Markt zugleich ein öffentliches Verkaufsangebot unterbreitet werden soll (beispielsweise im Falle eines bloßen Listings zur Gewährleistung der börsenmäßigen Fungibilität der Aktien). Der bedeutendste regulierte Markt in Deutschland ist der regulierte Markt der Frankfurter Wertpapierbörse mit seinen Transparenzstandards Prime Standard
und General Standard. Die Veröffentlichungspflicht trifft den Anbieter der Wertpapiere und kann daher neben dem Emittenten auch Dritte, insbesondere die Emissionsbank, mit einbeziehen.

Der Wertpapierprospekt soll eine breite Informationsbasis über Wertpapiere und den Emittenten vermitteln, um den Anlegern eine informierte Investitionsentscheidung zu ermöglichen (§ 5 WpPG). Dem Wertpapierprospekt kommt damit gleichermaßen Haftungs- wie Enthaftungsfunktion zu. Die Prospektverantwortlichen haften einerseits für eine wesentliche Unvollständigkeit und Unrichtigkeit, der Anleger kann sich andererseits auf offen gelegte Tatsachen nicht berufen. Dabei führt die Prüfung und Billigung der BaFin nicht zu einem Haftungsausschluss oder einer Haftungseinschränkung.

Der Wertpapierprospekt bedarf der Billigung durch die BaFin (§ 13 WpPG). Vor der Billigung darf der Wertpapierprospekt nicht veröffentlicht werden. Der Prüfungsumfang der BaFin umfasst dabei die Vollständigkeit und innere Widerspruchsfreiheit, nicht jedoch die inhaltliche Richtigkeit der im Wertpapierprospekt getroffenen Aussagen oder die Bonität des Veröffentlichens oder Emittenten.

Mit der Billigung ist der BaFin eine PDF-Version des Wertpapierprospektes zur Verfügung zu stellen. Diese
stellt die BaFin auf ihrer Homepage dem breiten Anlegerpublikum – auch zum Download – für jeweils zwölf Monate zur Verfügung.

Das Billigungsverfahren

1. Aufzunehmende Finanzinformationen

Im Vorfeld der Erstellung des Wertpapierprospekts und zeitgleich mit der Durchführung der Tax und Legal Due Diligence werden die in den Wertpapierprospekt aufzunehmenden historischen Finanzinformationen mit der BaFin erörtert. Ziel dieses Gespräches ist die frühzeitige Aufbereitung von Finanzinformationen, um spätere Verzögerungen oder Unklarheiten zu vermeiden.

Zum Zwecke der dem Emittenten dessen Abstimmung formulieren die Berater zusammen mit der Emittentin deren gesellschaftsrechtliche, organisatorische und betriebliche Historie, stellen die Struktur des Emittenten dar und erläutern die seiner Ansicht nach aufzunehmenden Finanzinformationen.

2. Von der ersten Einreichung bis zur Billigung

Mit Abschluss oder gegen Ende der Due Diligence wird der Wertpapierprospekt ausgefertigt und bei der BaFin zur Billigung eingereicht.

Der Inhalt des Wertpapierprospekts richtet sich im Wesentlichen nach dem WpPG, der Verordnung der EG Nr. 809/2007 sowie den CESR-Richtlinien.

Mit dem Wertpapierprospekt ist ein Antragsschreiben, die Originalvollmacht des Antragsstellers, für den Emittenten zu handeln, und eine Aufstellung der Querverweise nach Art 25 Abs. 4 der Verordnung der EG Nr. 809/2007 (sog. Referenzliste) einzureichen. Die Referenzliste stellt eine Synopse zwischen Wertpapierprospekt
und der Verordnung der EG Nr. 809/2007 da.

Die BaFin hat zwanzig Werktage Zeit, den Wertpapierprospekt zu prüfen und zu billigen, sofern der Wertpapierprospekt im Rahmen eines erstmaligen öffentlichen Verkaufsangebots veröffentlicht werden soll, in allen anderen Fällen beträgt die Frist zehn Werktage (§ 13 Abs. 2 WpPG).

3. Anhörungsschreiben der BaFin im Billigungsverfahren

Die Ersteinreichung und gegebenenfalls Folgeeinreichungen werden bis zur Billigungsreife durch die BaFin mit Anhörungsschreiben beantwortet. Die BaFin führt hierin Beanstandungen auf, beispielsweise dass Angaben fehlen, evident unrichtig (selten) oder widersprüchlich sind.

Der Emittent und dessen Berater arbeiten die Anmerkungen der BaFin im steten Dialog mit der BaFin ab und reichen den Wertpapierprospekt in überarbeiteter Fassung erneut ein.

Folgeeinreichungen beinhalten stets eine Aktualisierung der Referenzliste. Zudem ist es üblich, eine Änderungsversion einzureichen, die sämtliche Modifikationen des Wertpapierprospektes aufzeigt, verbunden mit einer Entsprechenserklärung, in der versichert wird, dass nur die in der Änderungsversion erkennbaren Modifikationen vorgenommen wurden. Der gesetzliche Prüfungsumfang der BaFin reduziert sich dadurch zwar nicht; gleichwohl wird das Billigungsverfahren faktisch beschleunigt.

Der Erlass eines Anhörungsschreibens und die erneute Einreichung des Wertpapierprospekts lösen den Neubeginn der Billigungsfrist von zwanzig respektive zehn Werktagen aus.

Erfahrungsgemäß verkürzt sich die Prüfungsdauer – je nach Umfang der vorgenommenen Änderungen – mit jeder Einreichung stark und kann schlussendlich auch nur einen Tag oder Stunden betragen.

4. Billigung und Veröffentlichung

Vorfeld in Grenzen abstimmbar. Die Billigung erfolgt durch Verwaltungsakt gegenüber dem Antragssteller.
In der Folge ist der Wertpapierprospekt spätestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebots zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 1 WpPG).

Den gebilligten Wertpapierprospekt bewahrt die BaFin zehn Jahre auf (§ 14 Abs. 6 WpPG). Er hat – sofern durch Nachträge aktualisiert – ein Jahr Gültigkeit (§ 9 Abs. 1 WpPG).

Aufgrund des sogenannten europäischen Passes kann der Emittent nach erfolgter Notifizierung und Abfassung einer Zusammenfassung in der Sprache des Ziellandes auf Basis eines einmal im Herkunftsland gebilligten Prospekts seine Wertpapiere auch in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums öffentlich anbieten oder zum Handel an einem regulierten Markt zulassen (§ 17 Abs. 1 WpPG).

Aufsichtskompetenzen:

Mit der Aufnahme der Notierung eines Wertpapiers unterliegen die Emittentin und deren Aktionäre oder Wertpapierinhaber einer Reihe von Zulassungsfolgepflichten, deren Beachtung der Kontrolle der BaFin unterliegt.

Zulassungsfolgepflichten und die Aufsicht der BaFin

Es ist zu unterscheiden, ob die Wertpapiere von Emittenten im Inland in einem regulierten Markt zugelassen sind oder im Freiverkehr zum Handel einbezogen sind. Die Zulassungsfolgepflichten für Emittenten, deren Wertpapiere einem regulierten Markt zugelassene sind, gehen deutlich über die für Emittenten im Freiverkehr hinaus.
Um der Zulassungspflicht gerecht zu werden, müssen die Emittenten verschiedene Sachverhalte mitteilen
und gegebenenfalls veröffentlichen.

Die Art und Weise der Veröffentlichungen, deren Sprachwahl und Aufbewahrung ist in der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpAIV) detailliert geregelt.

Nachfolgend sollen die wesentlichen Zulassungsfolgepflichten nach dem WpHG umrissen werden.

Daneben bestehen Emittenten, deren Aktien im Freiverkehr und regulierten Markt notiert sind, weitere
Regularien nach anderen Gesetzen, beispielsweise dem Aktiengesetz (bspw. Corporate Governance Kodex).

Ad-hoc-Mitteilungen

§ 15 WpHG verpflichtet Emittenten, deren Wertpapiere in einem regulierten Markt zum Handel zugelassen sind, zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen. Insiderinformationen sind öffentlich unbekannte konkrete Informationen, die den Emittenten oder dessen Aktien unmittelbar betreffen und die bei bekanntwerden den Börsenkurs ihrer Aktien erheblich beeinflussen können. Dies können auch Gerüchte sein.

Im Freiverkehr besteht diese gesetzliche Verpflichtung nicht. In Teilbereichen des Freiverkehrs mit zusätzlichen Transparenzanforderungen, wie dem Entry Standard, sind Emittenten auf vertraglicher Grundlage zu entsprechenden Veröffentlichungen verpflichtet (siehe bspw. § 17 Abs. 2 AGB für den Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse).

Ob ein Umstand oder eine Tatsache veröffentlichungspflichtig ist, hängt stark vom Einzelfall ab.

Schwellenwertmitteilung

Gemäß § 21 WpHG müssen Aktionäre von Emittenten, deren Wertpapiere in einem regulierten Markt zugelassen sind, binnen einer Frist von vier Handelstagen das Erreichen, Unter- oder Überschreiten von Beteiligungsschwellen in Höhe von 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % unter Angabe der Höhe ihres aktuellen Stimmrechtsanteils dem Emittenten und der BaFin melden. Neben dem Anteilsbesitz des Aktionärs sind ihm unter Umständen auch Stimmrechte Dritter zuzurechnen.

Die Emittenten haben die Mitteilungen ihrer Aktionäre daraufhin binnen drei Handelstagen zu veröffentlichen und dies der BaFin mitzuteilen (§ 26 WpHG).

Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte

Nach § 26a WpHG müssen Emittenten, deren Wertpapiere im regulierten Markt zugelassen sind, die Gesamtzahl der bestehenden Stimmrechte am Ende eines jeden Monats, in dem es zu Veränderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte gekommen ist, veröffentlichen. Zu diesbezüglichen Veränderungen kommt es beispielsweise durch die Ausgabe neuer, stimmberechtigter Aktien, dem Einzug oder sonstige Kapitalherabsetzung von Aktien oder dem Erwerb oder die Veräußerung von eigenen Aktien durch die Emittenten.

Geschäfte von Personen mit Führungsaufgaben

Gemäß § 15a WpHG haben diejenigen Personen, die bei Emittenten, deren Wertpapiere im regulierten Markt zugelassen sind, Führungsaufgaben wahrnehmen und/oder bestimmte nahe Angehörige, eigene Geschäfte mit Aktien der Emittenten oder sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten, der Emittenten und der BaFin innerhalb von fünf Werktagen mitzuteilen. Die Emittenten haben diese Mitteilungen zu veröffentlichen.

Veröffentlichung von Finanzberichten und Zwischenmitteilungen

Gemäß § 37v WpHG haben Emittenten, deren Wertpapiere im regulierten Markt zugelassen sind, für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresfinanzbericht, bestehend aus Jahresabschluss, Lagebericht und Bilanzeid, zu erstellen und spätestens vier Monate nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahrs zu veröffentlichen. Ferner haben sie einen Halbjahresfinanzbericht, bestehend aus verkürztem Abschluss, Zwischenlagebericht und Bilanzeid, aufzustellen und diesen unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraums zu veröffentlichen. Darüber hinaus haben Emittenten gemäß § 37x WpHG in einem Zeitraum zwischen zehn Wochen nach Beginn und sechs Wochen vor Ende der ersten und zweiten Hälfte des Geschäftsjahrs jeweils eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung zu veröffentlichen. Sofern das
Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, hat die Veröffentlichung der Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung zwischen dem 15. März und dem 15. Mai, respektive dem 15. September und dem 15. November zu erfolgen.

Jährliches Dokument

Das Jährliche Dokument ist eine Gesamtübersicht gemäß § 10 WpPG, das nahezu sämtliche Informationen
enthält oder auf sie verweist, die Emittenten im Laufe eines Jahres veröffentlicht haben. Es ist zu veröffentlichen und nach der Offenlegung des Jahresabschlusses bei der Bundesanstalt zu hinterlegen.

Insiderhandel

Es ist verboten, unter Verwendung von Insiderinformationen für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen Insiderpapiere zu erwerben oder zu veräußern, Dritten Insiderinformationen unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen oder auf der Grundlage einer Insiderinformation den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren zu empfehlen (§ 14 WpHG). Insiderinformationen sind konkrete Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen (§ 13 WpHG). Eine solche Eignung ist gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.

Insiderverzeichnisse

Emittenten, deren Wertpapiere in einem regulierten Markt zugelassen sind, und in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnde Personen haben Verzeichnisse über solche Personen zu führen, die für sie tätig sind und bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen haben (§ 15b WpHG). Diese Verzeichnisse müssen unverzüglich aktualisiert werden und der BaFin auf Verlangen übermitteln werden.

Marktmanipulation

Nach § 20a WpHG erfüllen bestimmt Handlungen Verbotsbestände. So ist es beispielsweise verboten, unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind oder Geschäfte vorzunehmen oder Aufträge zu erteilen, die geeignet sind,
falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Die BaFin überwacht die Marktteilnehmer im Hinblick hierauf.

Zulassungsfolgepflichten – Art und Weise der Veröffentlichung, deren Sprachwahl und Aufbewahrung

Aktive europaweite Verbreitung

Bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Veröffentlichungspflichten sind Emittenten im Allgemeinen verpflichtet, Medien zu nutzen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie die Information in der gesamten Europäischen Union und in den übrigen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verbreiten. Gefordert wird eine aktive europaweite Verbreitung der Mitteilung, wobei hierbei ein Bündel unterschiedlicher Medienarten zu nutzen ist. Die BaFin sieht dabei die Einhaltung eines Mindeststandards als erforderlich an, wonach ein angemessenes Medienbündel mindestens besteht aus

  • einem elektronisch betriebenen Informationsverbreitungssystem (bei Insiderinformationen
    verpflichtend),
  • einem News-Provider,
  • einer Nachrichtenagentur (bspw. Reuters),
  • einem Printmedium (bspw. Börsenpflichtblätter) und
  • Internetseiten (auch die des eigenen Unternehmens).

Nach der BaFin muss davon mindestens ein Medium eine aktive europaweite Verbreitung ermöglichen können. Die Auswahl der Medienarten und die Anzahl der Medien richten sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Börsenzulassungen des Emittenten im europäischen In- und Ausland.

Emittenten haben bei der Übermittlung der zu veröffentlichenden Mitteilungen an die von ihnen ausgewählten Medien

  • eine sichere Identifizierbarkeit,
  • hinreichenden Schutz gegen unbefugte Zugriffe oder Veränderungen der Daten,
  • die Vertraulichkeit und Sicherheit der Übersendung und
  • die Möglichkeit, Übertragungsfehler oder -unterbrechungen unverzüglich zu beheben,

gemäß § 3a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpAIV zu gewährleisten.

Die BaFin sieht dabei eine Übermittlung per Telefax an die Medien als grundsätzlich geeignet an. Hingegen soll eine bloße Versendung per E-Mail (unverschlüsselt bzw. über eine ungesicherte Verbindung) nicht genügen. Bei der Übersendung haben Emittenten

  • ihren Name und Anschrift,
  • einen Betreff (Veröffentlichung gemäß § …,
  • Tag und Uhrzeit der Übersendung und
  • das Ziel, die Information als eine vorgeschriebene Information europaweit zu verbreiten,

anzugeben. Zur Erfüllung ihrer Veröffentlichungspflicht kann ein Service Provider genutzt werden (§ 3a Abs. 4 WpAIV). Der Emittent bleibt hierbei jedoch für die Veröffentlichung verantwortlich. Der Emittent schuldet i. d. R. nicht den Veröffentlichungserfolg, wohl aber die Zuleitung der Veröffentlichung an ein angemessenes Medienbündel mit der Möglichkeit der europaweiten Verbreitung der Mitteilung.

Hinsichtlich der Verbreitung von Insiderinformationen schuldet der Emittent auch den Veröffentlichungserfolg
durch ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem. Ad-hoc-Mitteilungen sind gemäß § 5 Abs. 2 WpAIV nach der Veröffentlichung für mindestens einen Monat lang über einen leicht erkennbaren Hinweis auf ihrer Internetpräsenz einzustellen.

Sprache der Veröffentlichung

Sofern Emittenten die Mitteilung in englischer Sprache erhalten haben, können sie die Veröffentlichung ebenfalls in Englisch vornehmen, § 20 WpAIV.

Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 3c WpAIV)

Emittenten haben im Anschluss an die Veröffentlichung der BaFin einen Nachweis zukommen zu lassen über

  • den Text der Veröffentlichung,
  • die zur Verbreitung genutzten Medien,
  • den Zeitpunkt der Versendung der Mitteilung

und müssen gemäß § 3a Abs. 3 WpAIV in der Lage sein, folgende Informationen sechs Jahre lang auf Anforderung der BaFin zur Verfügung zu stellen:

  • Person, die die Mitteilung an die Medien gesandt hat,
  • die für die Übersendung an die Medien verwandten Sicherheitsmaßnahmen
  • Tag und Uhrzeit der Übersendung an die Medien,
  • das Mittel der Übersendung an die Medien und
  • gegebenenfalls alle Daten zu einer Verzögerung der Veröffentlichung.

Autoren: Hassan Sohbi / Manuel Friess
PDF: Die Rolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

4.23. Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospektes

Aufbau und Inhalt eines Wertpapierprospekts richten sich im Wesentlichen nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG), welches die EU-Prospektrichtlinie (Richtlinie 2003/71/EG) umsetzt, sowie nach der Verordnung EG Nr. 809/2007 samt deren Anhängen und den CESR-Richtlinien. Ziel der europarechtlichen Regelung ist die Vereinheitlichung und europaweite Geltung identischer Prospektstandards. Daneben kommt dem Verkaufsprospektgesetz (VerkprospG), dem Börsengesetz (BörsG), der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) und weiteren Regelungen – auch im Aktiengesetz (AktG) – Bedeutung zu.

Allgemeines und Inhalt

Der sich in der Praxis für einmalige Aktienemissionen durchgesetzte einteilige Wertpapierprospekt im Sinne des § 12 Abs. 1 WpPG besteht inhaltlich aus folgenden wesentlichen Gliederungspunkten, wobei die Schwerpunktsetzung teils stark divergieren kann:

  • Deckblatt
    Sollte mit der BaFin abgestimmt werden.
  • Inhaltsverzeichnis
  • Zusammenfassung
    Die Zusammenfassung enthält alle Kernaussagen des Wertpapierprospekts in gekürzter Form einschließlich der Risikofaktoren (zur Sprache siehe nachfolgende Erläuterungen).
  • Risikofaktoren
    Klare Offenlegung der Risikofaktoren, die für den Emittenten und/oder seine Branche spezifisch sind.
  • Informationen über den Emittenten und die Wertpapiere
    Umfangreiche Beschreibung des Emittenten und seiner Geschäftstätigkeit sowie der Wertpapiere.
  • Ggf. Öffentliches Verkaufsangebot
    Öffentliches Verkaufsangebot und dessen Gründe sowie die Mittelverwendung.
  • Historische Finanzinformationen
    Geprüfte und vergleichbare historische Finanzinformationen der letzten drei Geschäftsjahre.
  • Geschäftsgang und -ausblick
    Entwicklungen seit den jüngsten historischen Finanzinformationen.
  • Glossar
  • Unterschriften
    Vorstandsunterschrift und ggf. Unterschrift des Vertreters der die Wertpapiere öffentlich mitanbietenden
    Emissionsbank.

Ergänzt werden die inhaltlichen Mindestanforderungen durch die CESR-Empfehlungen, nach denen beispielsweise für Start-up-Unternehmen oder sonstige Sonderfälle Spezialregelungen gelten.

Informationen über den Emittenten und die Wertpapiere

Die Informationen über den Emittenten und die Wertpapiere bilden den Schwerpunkt des Wertpapierprospektes
und ihre Zusammenstellung und Gewichtung stellt neben der zeitnahen Erstellung und Prüfung der historischen Finanzinformationen und der Ermittlung der Risiken die zeitintensivste Aufgabe im Rahmen der Prospekterstellung dar. Die nachfolgende Aufzählung beizubringender Informationen (nach Anhang III der Verordnung EG Nr. 809/2007) ist daher generisch und nicht vollständig. Daneben fordern weitere Anhänge, insbesondere Anhang III sowie die CESR-Richtlinien, weitere beizubringende Informationen, beispielsweise solche, die dem gesteigerten Informationsbedürfnis und Besonderheiten bei Holdinggesellschaften, Start-up-Gesellschaften oder Gesellschaften mit bestimmtem (Branchen-) Fokus Rechnung tragen, deren Darstellung den hier gegebenen Rahmen übersteigen würde.

1. Aufzunehmende Informationen

In Bezug auf den Emittenten

  • Juristischer und kommerzieller Name, Registrierung und Registrierungsnummer, Gründungsdatum und -ort, Existenzdauer, Rechtsform, Rechtsordnung und Sitz; Geschäftsanschrift und Telefonnummer sowie wichtige Ereignisse in der Entwicklung der Geschäftstätigkeit
  • Satzung und Statuten der Gesellschaft, die Beschreibung der Zielsetzungen, Satzung und Gründungsurkunde
  • Beschreibung der Gruppe und der Stellung des Emittenten innerhalb dieser Gruppe sowie der Tochtergesellschaften (Name, Sitz, Beteiligung und Stimmrechte) sowie Angaben über Unternehmen, an denen der Emittent einen Teil des Eigenkapitals hält, dem bei der Bewertung seiner eigenen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eine erhebliche Bedeutung zukommt
  • Skizzierung etwaiger Umweltfragen, die die Verwendung der Sachanlagen von Seiten des Emittenten u. U. beeinflussen können.
  • Erklärung zu den Corporate-Governance-Regelungen und Angaben über den Auditausschuss und den Vergütungsausschuss (Ausschussmitglieder und Aufgabenbereich)

Geschäftstätigkeit

  • Wichtigste laufende und verbindlich geplante Investitionen (einschließlich des Betrages), Geschäfte und Haupttätigkeiten unter Angabe etwaiger wichtiger Produkte und Dienstleistungen, einschließlich einer Beschreibung wichtigster Märkte samt Aufschlüsselung der Gesamtumsätze nach Art der Tätigkeit und geografischem Markt sowie Quellenangaben hierzu
  • Bestehende oder geplante wesentliche Sachanlagen, einschließlich geleaster Vermögensgegenstände, und etwaiger größerer dinglicher Belastungen
  • Etwaige Abhängigkeit in Bezug auf Patente und Lizenzen, Industrie-, Handels- oder Finanzierungsverträge
    oder neue Herstellungsverfahren
  • Staatliche, wirtschaftliche, steuerliche, monetäre oder politische Strategien oder Faktoren, die die Geschäfte direkt oder indirekt wesentlich beeinträchtigt haben oder können
  • Forschungs- und Entwicklungsstrategien einschließlich Angabe des Betrags für gesponserte Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten
  • Wichtigste Trends und Unsicherheiten in jüngster Zeit in Bezug auf Produktion, Umsatz, Nachfrage und Vorräte sowie Kosten, Verpflichtungen und Ausgabepreise
  • Staatliche Interventionen, Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren (einschließlich derjenigen Verfahren, die nach Kenntnis des Emittenten noch anhängig sind oder eingeleitet werden könnten)
  • Zusammenfassung wesentlicher Verträge, bei denen der Emittent oder ein Mitglied der Gruppe Partei ist

Kapitalausstattung

  • Finanzlage, Veränderungen derer und der Geschäftsergebnisse einschließlich der Ursachen sowie Beschreibung wichtiger Faktoren
  • Kurz- und langfristige Eigenkapitalausstattung, Quellen und Beträge des Kapitalflusses beim Emittenten
    und eine ausführliche Darstellung dieser Posten sowie der Fremdfinanzierungsbedarf und die Finanzierungsstruktur des Emittenten
  • Sofern vorhanden Beschränkungen des Rückgriffs auf die Eigenkapitalausstattung sowie Finanzierungsquellen, die zur Erfüllung von Verpflichtungen benötigt werden
  • Wesentliche Veränderung in der Finanzlage oder der Handelsposition der Gruppe.

Aktien und Aktionäre

  • Soweit bekannt Name und Betrag jeglicher Person, die direkt oder indirekt eine Beteiligung am Kapital oder den Stimmrechten hält, sowie Information zu den Stimmrechten
  • Sofern bekannt, Angabe, ob an dem Emittenten unmittelbare oder mittelbare Beteiligungen oder Beherrschungsverhältnisse bestehen, wer diese Beteiligungen hält bzw. diese Beherrschung ausübt; die Art und Weise der Kontrolle und der vorhandenen Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs einer derartigen Kontrolle
  • Vereinbarungen, deren Ausübung zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Veränderung bei der Kontrolle
    des Emittenten führen könnte
  • Angaben zum Stichtag der jüngsten Bilanz über das ausgegebene Kapital und für jede Kategorie des Aktienkapitals die Zahl zugelassener Aktien; den Nennwert pro Aktie bzw. Meldung, dass die Aktien keinen Nennwert haben; Genusscheine und sonstige Finanzierungsmittel, eigene (selbstgehaltene) Aktien, wandelbare Wertpapiere, umtauschbarer Wertpapiere oder Wertpapiere mit Optionsscheinen, einschließlich deren Bedingungen, Akquisitionsrechte
  • Angaben über das Kapital eines jeden Mitglieds der Gruppe, worauf ein Optionsrecht besteht oder bei dem man sich bedingt oder bedingungslos darauf geeinigt hat, dieses Kapital an ein Optionsrecht zu knüpfen, sowie Einzelheiten über derlei Optionen, die auch jene Personen betreffen, die diese Optionsrechte erhalten haben
  • Die Entwicklung des Aktienkapitals mit besonderer Hervorhebung der Angaben über etwaige Veränderungen, die während des von den historischen Finanzinformationen abgedeckten Zeitraums erfolgt sind
  • Dividendenpolitik sowie Angabe des Betrags der Dividende pro Aktie (auch für vergangene Geschäftsjahre)
  • Beschreibung der Rechte, Vorrechte und Beschränkungen, die an jede Kategorie der vorhandenen Aktien gebunden sind
  • Erläuterung, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Rechte der Inhaber von Aktien zu ändern, wobei die Fälle anzugeben sind, in denen die Bedingungen strenger ausfallen als die gesetzlichen Vorschriften
  • Beschreibung der Art und Weise, wie die ordentliche und außerordentliche Hauptversammlung einberufen
    werden, sowie der Teilnahmebedingungen,
  • Beschreibung etwaiger Bestimmungen der Satzung und der Statuten des Emittenten sowie der Gründungsurkunde oder sonstiger Satzungen, die u. U. eine Verzögerung, einen Aufschub oder sogar die
    Verhinderung eines Wechsels in der Kontrolle des Emittenten bewirken
  • Angabe (falls vorhanden) etwaiger Bestimmungen der Satzung und der Statuten des Emittenten sowie
    der Gründungsurkunde oder sonstiger Satzungen, die für den Schwellenwert gelten, ab dem der Aktienbesitz offen gelegt werden muss
  • Darlegung der Bedingungen, die von der Satzung und den Statuten des Emittenten sowie der Gründungsurkunde oder sonstigen Satzungen vorgeschrieben werden und die die Veränderungen im
    Eigenkapital betreffen, sofern diese Bedingungen strenger sind als die gesetzlichen Vorschriften

Management und Mitarbeiter

  • Namen und Geschäftsanschriften der Mitglieder der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane, persönlich haftender Gesellschafter, gegebenenfalls Gründer und Mitglieder des oberen
    Managements sowie ihre Stellung bei dem Emittenten unter Angabe der wichtigsten Tätigkeiten, die sie außerhalb des Emittenten ausüben, und die Art einer etwaigen verwandtschaftlichen Beziehung zwischen diesen Personen sowie weitere detaillierte Angaben zu anderen Organtätigkeiten bei gruppenfremden Gesellschaften, etwaige Schuldsprüche in Bezug auf betrügerische Straftaten, Insolvenzen, Insolvenzverwaltungen oder Liquidationen und etwaigen öffentlichen Anschuldigungen und/oder Sanktionen
  • Potenzielle – nicht nur bestehende – Interessenkonflikte zu den vorstehend genannten Personen zwischen ihren Verpflichtungen gegenüber dem Emittenten sowie ihren privaten Interessen oder sonstigen Verpflichtungen sowie Vereinbarungen mit den Hauptaktionären, Kunden, Lieferern oder sonstigen Personen, aufgrund deren diese zum Mitglied eines Verwaltungs-, Geschäftsführungsoder Aufsichtsorgans bzw. zum Mitglied des oberen Managements bestellt wurde und Einzelheiten jeglicher Veräußerungsbeschränkungen anzugeben, die für von ihnen gehaltenen Wertpapiere
  • Betrag der gezahlten Vergütung (einschließlich etwaiger erfolgsgebundener oder nachträglicher Vergütungen) und Sachleistungen, die den vorstehenden Personen von dem Emittenten und seinen Tochterunternehmen für Dienstleistungen jeglicher Art gezahlt oder gewährt werden (i. d. R. auf Einzelfallbasis)
  • Ende der laufenden Mandatsperiode und ggf. Angabe des Zeitraums, während dessen die jeweilige
    Person ihre Aufgabe ausgeübt hat
  • Angaben, ob Dienstleistungsverträge des Managements bei Beendigung des Dienstleistungsverhältnisses
    Vergünstigungen vorsehen; Gesamtbeträge, die vom Emittenten oder seinen Tochtergesellschaften als Reserve oder Rückstellungen gebildet werden, um Pensions- und Rentenzahlungen vornehmen oder ähnliche Vergünstigungen auszahlen zu können
  • Einzelheiten zu Geschäften mit verbundenen Parteien (einschließlich Art und Umfang, Marktkonformität,
    Betrag oder Prozentsatz des Anteils am Umsatzes)
  • Zahl der Beschäftigten zum Ende des Berichtzeitraums oder Angabe eines Durchschnitts sowie Aufschlüsselung der beschäftigten Personen nach Haupttätigkeitskategorie und geografischer Belegenheit
  • Aktienbesitz der Beschäftigten und etwaige Optionen auf Aktien des Emittenten und Vereinbarungen, mittels deren Beschäftigte am Kapital des Emittenten beteiligt werden können

2. Negativerklärungen

Gegebenenfalls ist, falls keine entsprechende Informationen offen gelegt werden, eine diesbezügliche
Negativerklärung abzugeben.

3. Gewinnprognose/Gewinnschätzung

Gewinnprognose oder eine Gewinnschätzung müssen nicht und sollten i. d. R. nicht abgegeben werden, weil hieran anknüpfend weitere Informationen – wie beispielsweise ein Bericht eines unabhängigen Buchprüfers oder Abschlussprüfers – offen zu legen wären. Zudem ist ein Haftungsrisiko bei einem Nichteintreten der Prognose nicht auszuschließen.

Aufbau

Der Aufbau kann der Verordnung EG Nr. 809/2007 und deren Anhängen I und III folgen, die dezidiert die inhaltlichen Mindestanforderungen festschreiben. Sofern die Gliederung abweicht, ist mit der Antragsstellung zur Billigung eine Referenzliste einzureichen.

Sprache

Der Prospekt ist in deutscher Sprache abzufassen, sofern sich das öffentliche Verkaufsangebot nur auf das Inland bezieht oder die Notierung an einem inländischen regulierten Markt beantragt werden soll (§ 19 WpPG). Gleichwohl kann die BaFin eine Abfassung in englischer Sprache gestatten. Bei grenzüberschreitenden öffentlichen Verkaufsangeboten ist die englische Sprache i. d. R. zulässig.

Notwendigkeit des Wertpapierprospektes

Für Wertpapiere, die öffentlich angeboten werden, muss grundsätzlich ein Wertpapierprospekt veröffentlicht
werden. Dies gilt ebenso für Wertpapiere, die im Inland zum Handel an einem Regulierten Markt zugelassen werden sollen. Der wichtigste regulierte Markt in Deutschland ist der regulierte Markt der Frankfurter Wertpapierbörse mit seinen Transparenzsegmenten Prime Standard und General Standard.

Öffentliches Angebot

Ein öffentliches Angebot ist in § 2 Nr. 4 WpPG definiert. Danach gilt jedenfalls eine Mitteilung von Informationen über die Angebotsbedingungen und anzubietenden Wertpapiere an ein breites Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die einen Anleger in die Lage versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden, als öffentliches Angebot.

Für Wertpapiere, die in Deutschland öffentlich angeboten werden, muss der Anbieter einen Prospekt veröffentlichen (§ 3 Abs. 1 WpPG).

Wertpapiere sind insbesondere Aktien, Genussrechte, Schuldverschreibungen und sonstige Anleihen sowie ihnen gleichgestellte Rechte (§ 2 Nr. 1 WpPG).

Die Verwaltungspraxis der BaFin fasst den Angebotsbegriff sehr weit. Danach kann bereits die Bekanntgabe
der Wertpapierkennnummer (WKN/ISIN) im Zusammenhang mit einer allgemeinen Information zum Unternehmen, wie beispielsweise dem Ergebnis oder der jüngsten Geschäftsentwicklung, im jeweiligen Kontext als Angebot qualifiziert werden. Eine vom konkreten Einzelfall losgelöste schematische Betrachtung ist angesichts dessen nicht möglich; durch die Verwaltungspraxis der BaFin wird jedoch die Notwendigkeit enger Abstimmung zwischen PR- und IR-Abteilungen einerseits und Rechtsberatern andererseits deutlich sowie die Bedeutung des Wertpapierprospektes allen Beteiligten plastisch vor Augen geführt.

Notierungsaufnahme im regulierten Markt

Unabhängig von einem öffentlichen Angebot bedarf es auch dann der Erstellung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts, wenn die Notierungsaufnahme an einem regulierten Markt, bspw. den Marktsegmenten
Prime Standard oder General Standard der Frankfurter Wertpapierbörse, beantragt werden soll. Sofern lediglich eine Notierung im Freiverkehr (z. B. Teilbereich Entry Standard der Frankfurter Wertpapierbörse) erfolgen soll, ist kein Wertpapierprospekt erforderlich.

Ausnahmen zur Veröffentlichungspflicht

Die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts entfällt nur in wenigen gesetzlich abschließend aufgezählten Fällen (§§ 3 f. WpPG). Im Rahmen eines öffentlichen Angebots praktisch relevant
sind die Ausnahmen hinsichtlich eines Angebots von Wertpapieren, das sich ausschließlich an qualifizierte
Anleger richtet oder das sich in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums an weniger als 100 nicht qualifizierte Anleger richtet (sog. Private Placement, § 3 Abs. 2 WpPG). Soll lediglich eine Notierung an einem regulierten Markt erfolgen, so kommt dem § 4 Abs. 2 WpPG wesentliche praktische Bedeutung zu, wonach eine Erhöhung eines bereits notierten Aktienvolumens um 10 % wertpapierprospektfrei möglich ist.

Maßgeblich ist daher, wer Adressat des Verkaufsangebotes ist. Keine Prospektpflicht besteht demnach, wenn die Adressaten nur oder überwiegend qualifizierte Anleger sind. Dies sind grundsätzlich Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Kapitalanlagegesellschaften, in- und ausländische Investmentaktiengesellschaften und von diesen beauftragte Verwaltungsgesellschaften oder Pensionsfonds, Regierungen und Zentralbanken sowie große Unternehmen in Form juristischer Personen oder registrierte Personen.

Prospekthaftung

Schließlich kommt dem Wertpapierprospekt erhebliche Bedeutung bei der Bestimmung des Haftungsumfangs zu. Die für den Wertpapierprospekt Verantwortlichen haben im Rahmen der Haftungsfunktion für die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit wesentlicher Angaben einzustehen, §§ 44 ff BörsG. Neben der kapitalmarktrechtlichen Haftung nach den §§ 44ff BörsG kommt eine Haftung aus anderen Rechtsgründen (bspw. AktG, BGB) in Frage. Wer Wertpapiere ohne einen gesetzlich erforderlichen Wertpapierprospekt öffentlich anbietet, haftet nach § 13 VerkProspG entsprechend. Hierbei ist, wie bereits erwähnt zu beachten, dass die Verwaltungspraxis der BaFin den Angebotsbegriff sehr weit fasst.


Autoren: Hassan Sohbi / Manuel Friess
PDF: Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospektes

4.24. Researchstudien

Researchstudien sind im Gegensatz zum Wertpapierprospekt das analytische Vermarktungsdokument für ein IPO. Durch Analysten erstellte Researchstudien haben im Wesentlichen drei Elemente: 1. eine Erläuterung des Geschäftsmodells und der Märkte, 2. eine plausible und objektive Prognose des Geschäftsverlaufs inklusive eines vom Analysten erstellten Businessplans und 3. eine Unternehmensbewertung im Vergleich zu ähnlichen am Markt notierten Unternehmen (Peergroup-Bewertung) und auf Basis der zukünftig erwarteten Erträge (Dividend Discount Model, Discounted Cashflow Model, Ertragswertverfahren nach IDW). Researchstudien sind neben dem Wertpapierprospekt die wesentliche Informationsquelle für institutionelle Investoren. Auch wenn die Investoren IPO-Researchstudien eine gewisse Transaktionslastigkeit unterstellen, nutzen sie diese zur Vorbereitung auf Managementmeetings und als Quelle für den Aufbau eines eigenen „Buy Side“-Modells. Der Vorbereitung der Analysten kommt daher eine kritische Bedeutung im IPO-Prozess zu.

I. RESEARCHSTUDIEN

Researchstudie vs. Wertpapierprospekt

Im Gegensatz zum Wertpapierprospekt unterliegen Reserchstudien keiner Prospekthaftung. Die Verfasser sind daher frei, eigene Zukunftsprognosen und Beurteilungen über die Unternehmensperspektiven abzugeben. Die Researchstudie sollte eine unabhängige, aber durchaus subjektive Meinung des Analysten beinhalten. Das beliebte Investorenzitat „You are paid for opinion“ hat für die Verfasser von Researchstudien nach wie vor Geltung.

Die Bedeutung der Researchstudie für das IPO

Researchstudien sind eine wesentliche Informationsquelle für institutionelle Investoren und damit von zentraler Bedeutung für ein erfolgreiches IPO. Auch ohne Prospekthaftung sind die erstellenden Banken daher im Sinne der eigenen Reputation um Qualitätssicherung bemüht. Diese sollte insbesondere umfassen:

  • Umfang und Plausibilität der analytischen Einschätzungen des Unternehmens, der Märkte und des Wettbewerbs
  • Umfang und Plausibilität des Financial Model
  • Methodische Richtigkeit des Financial Model und der Unternehmensbewertung

Researchguidelines

Zwecks Koordination und Dokumentation der Qualitätssicherung sollte die das Konsortium führende Bank Richtlinien für die Kommunikation und den zeitlichen Ablauf bei der Erstellung der Researchstudien vorgeben.

II . VORBEREITUNG DER RESEARCHSTUDIE

Basis für die Researchstudie ist eine von den Konsortialbanken und dem Emittenten gemeinsam erstellte Analystenpräsentation. Diese dient primär:

  • der Bereitstellung eines „roten Fadens“ für die Researchstudien,
  • der Einordnung und Positionierung des Unternehmens im Vergleich mit Wettbewerbern und Peergroup
  • als erste Diskussionsunterlage.

III . ZENTRALE INHALTE DER RESEARCHSTUDIE

Erläuterung des Geschäftsmodells

In der Beschreibung des Geschäftsmodells überschneiden sich der Wertpapierprospekt und die Researchstudie. Idealerweise sollten die rein beschreibenden Aussagen in beiden Dokumenten deckungsgleich sein.

Research Business Model

Auf Basis der Erläuterungen zum Geschäftsmodell erstellen die Analysten einen eigenen Businessplan,und zwar post money, d. h. unter Beachtung der Mittelverwendung aus der Emission. Die hieraus erwarteten GuV-, Bilanz- und Cashflow-Rechnungen werden in den Researchstudien publiziert.

Unternehmensbewertung

Die Vergleichsbewertung mit der Peergroup umfasst i. d. R. die ersten zwei Prognosejahre. Diskontierende
Bewertungen umfassen Modellzeiträume von fünf bis 20 Jahren und eine ewige Rente. Obwohl die Unternehmensbewertung ein weitgehend technischer Vorgang ist, können die Ergebnisse der Analysten
deutlich voneinander abweichen.

CHECKLISTE ZU RESEARCHSTUDIEN

  • Researchguidelines
  • Analystenpräsentation/Fact Book
  • Wesentliche Parameter des Geschäftsmodells und Basis-Businessplan
  • Equity Story und Use of Proceeds
  • Markt- und Wettbewerbsanalyse
  • Dry Runs der Präsentation und Q&A mit Transaktionsbank und Legal Council
  • Business Model – Guidance und Follow-up-Gespräche mit Analysten
  • Review der Researchstudien

Autoren: Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Researchstudien

4.25. Bewertungsprozess

Der Bewertungsprozess begleitet das Unternehmen, das Management und die Gesellschafter kontinuierlich über den ganzen Projektverlauf des IPOs bis hin zur Erstnotiz. Bewertungsanalyse, vergleichende Bewertung, Peergroup und Diskontierungs-Modelle sind die Klaviatur, auf der die Corporate-Finance-Abteilungen, Analysten und letztendlich auch die Investoren den Wert des IPO-Kandidaten immer wieder aufs Neue orchestrieren. Aus Sicht des Unternehmens ist es wichtig, zu beachten, dass der Bewertungsprozess zwar nach objektivierten Methoden, aber nach subjektiven Zielen ausgerichtet ist. Anfangs konkurrieren Banken um das Mandat, was zu tendenziell höheren Bewertungen führt. Bei der Platzierung konkurrieren die Sales-Abteilungen um Anlagekapital
und die Investoren um Rendite, was tendenziell zu einer niedrigeren Bewertung des IPO-Kandidaten führt.

I. BEWERTUNGSMETHODEN

Nach Notierungsaufnahme legt der Kapitalmarkt den Wert des Unternehmens an jedem Handelstag aufs Neue fest. Vor der Notierungsaufnahme versuchen die Beteiligten, einen fairen Marktwert vorwegzunehmen. Hierzu bedienen sich die Bewertungsexperten in einem iterativen Prozess einer Vielzahl etablierter und anerkannter Bewertungsmethoden.

Peergroup-Bewertung

Im Rahmen der Peergroup-Bewertung erfolgt eine vergleichende Analyse des IPO-Kandidaten mit bereits am Kapitalmarkt notierten vergleichbaren Unternehmen. Idealerweise weisen die Unternehmen der Peergroup die gleiche Sektorzugehörigkeit, Ähnlichkeiten im Businessmodell und im Chance-Risiko-Profil auf. Eine an der Peergroup ausgerichtete Bewertung beinhaltet i. d. R. drei wesentliche Gruppen von Vergleichskennzahlen:

  • ROI orientiert (KGV, Dividendenrendite etc.)
  • Operativ orientiert (EV/EBIT bzw. EV/EBITDA etc.)
  • Substanz orientiert (Kurs-Buchwert-Multiple etc.)

Stand-alone-Bewertung

Die Stand-alone-Bewertung stellt ausschließlich auf die langfristig erwartete Entwicklung des Unternehmens
ab, ohne mögliche Bewertungsverzerrungen der Peergroup auf den IPO-Kandidaten zu übertragen. Am weitesten verbreitetet ist die Discounted-Cashflow-Methode, bei der der zukünftige operative Free Cashflow mit einem individuell risikoadjustierten Zins auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst wird.

II. DIE „BEAUTY CONTEST “ – BEWERTUNG

„Big is beautiful“…

… gilt für die indikative Unternehmensbewertung im Beauty Contest. Bei der Auswahl der IPO-begleitenden
Banken sind sowohl das Management (maximaler Mittelzufluss im Unternehmen) als auch die abgebenden
Altgesellschafter (maximaler Mittelzufluss in der Kasse) an einer möglichst hohen Bewertung des Unternehmens interessiert. Ein wesentlicher und umfangreicher Teil der „Pitch-Präsentation“ der Banken widmet sich daher auch dem Kapitel Unternehmensbewertung.

Bewertungsbasis: der Unternehmensbusinessplan

Die Bewertung für den Beauty Contest wird von den Corporate Finance/ECM Abteilungen auf Basis der vom Unternehmen herausgegebenen Planungen vorgenommen. Diese sind naturgemäß i. d. R. eher optimistisch gehalten. Im Zuge der Due Diligence werden anfängliche Bewertungsindikationen deshalb sehr häufig nach unten revidiert.

Gewichtung Peergroup-Methoden und DCF

Die Anwendung der DCF- Methode auf anfängliche Unternehmenspläne führt häufig zu höheren Unternehmenswerten als der Peergroup-Vergleich. Mit zunehmender Marktnähe gewinnt die Platzierbarkeit
und damit der Peergroup-Vergleich an Relevanz.

III. DIE INVEST OR/ANALYST – BEWERTUNG

„Der Markt hat immer Recht“

… und das jeden Tag aufs Neue. Während die Beauty-Contest-Bewertung der Sicht der Verkäufer, d. h. des Unternehmens und des Altgesellschafters entgegenkommt, tendieren Analysten und Investoren zur Käuferperspektive und damit zu einer eher konservativen Bewertung.

Investoren/Analysten

Mit Veröffentlichung der Researchstudien und der Investor Education beginnt die Unternehmensbewertung auf der anderen Seite der „Chinese Wall“. Investoren und Analysten monitoren permanent insbesondere

  • die Entwicklung der Businessmodelle, des Produkt-Mix, der Vertriebswege, der Kundenverträge etc.,
  • die Marktpositionierung und Wettbewerbsfähigkeit unter Beachtung zahlreicher Management-Gespräche
    mit Wettbewerbern und Lieferanten,
  • die Management-Teams, insbesondere bezüglich Berechenbarkeit und Verlässlichkeit
  • und reagieren hochsensibel auf jegliche Informationen.

Kapitalmarkt

Die permanente und sehr komplexe Auswertung von Informationen macht die jeweilige Kapitalmarktsituation zu einer schwer berechenbaren Einflussgröße auf den Platzierungspreis. Insbesondere in volatilen Marktphasen sollte der Preisbildungsprozess daher möglichst zügig erfolgen.


Autoren: Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Bewertungsprozess

4.26. Investor Education

„Investor Education“, die Vermarktung an und Diskussion mit Investoren, beginnt i. d. R. nach Fertigstellung der Researchstudien und geht meist nahtlos in die Roadshow über. Ziel ist die Generierung von Nachfrage und die Bildung einer Preis-Absatz-Funktion, mit deren Hilfe die Preisspanne der Aktie ermittelt wird. Im Mittelpunkt der Investor Education stehen institutionelle Investoren, die sich bei Group Presentations und One-On-Ones eine Meinung zum Unternehmen bilden. Sollte sich das Management bereits in dieser Phase präsentieren, ist eine minutiös terminierte und gute Reisevorbreitung essenziell.

BEDEUTUNG UND FORMEN

Im Rahmen der Investor Education werden insbesondere institutionelle Investoren mit dem Unternehmen und dem Management vertraut gemacht. Primäres Ziel dabei ist es, vor Bekanntgabe der Bookbuildingspanne eine erste Marktindikation zur Bewertung zu erhalten und auf diese Weise das Platzierungsrisiko zu minimieren. Investor Education kann folgende Elemente beinhalten:

  • Sales Briefing
  • Group Presentation
  • One-on-One

Im Rahmen von Sales Briefings werden Sales-Mitarbeiter der Konsortialbanken über wesentliche Parameter des IPOs und des Unternehmers informiert. Diese wiederum stellen ihren institutionellen Kunden den Investment Case dar, holen Feedback ein und arrangieren Meetings mit den Analysten und/oder dem Unternehmen.

Group Presentations kommen primär im Rahmen der Roadshow zum Einsatz und finden i. d. R. als Breakfast- oder Lunch-Präsentationen statt. Neben dem logistischen Vorteil bieten Group Presentations
gleichzeitig die Möglichkeit des direkten Austausches der Investoren untereinander und entwickeln auf diese Weise oft eine Eigendynamik.

One-on-Ones sind persönliche Einzel-Meetings mit ausgewählten Investoren. Insbesondere Investoren, die sich intensiv mit dem Unternehmen befasst haben und/oder in Unternehmen der Peergroup
investiert sind, bevorzugen eine direkte Diskussion ihrer meist spezifischen Fragen.

ZENTRALE INHALTE

Wertpapierprospekt und Researchstudie bilden die Basis der Investor Education. Darüber hinaus empfiehlt es sich, der Wettbewerbsanalyse und insbesondere der Peergroup besondere Beachtung zu widmen, da Investoren eventuell bereits mit Unternehmen der Peergroup vertraut sind und ihre Fragen danach ausrichten.

Equity Story und Business Model

Die Equity Story und deren Abbildung in der Businessplanung sind ein zentrales Thema der Investor Education. Investoren interessiert insbesondere die Frage, wie nahe das Unternehmen an der Realisierung der Equity Story ist und ob die korrespondierenden Businessmodelle eher als konservativ oder als überzogen zu werten sind.

Risiken

Während der Wertpapierprospekt als „Enthaftungsdokument“ versucht, möglichst alle denkbaren Risiken aufzulisten, liegt das Investoreninteresse in der Einschätzung konkretisierbarer Risiken, die oft aus Ereignissen in der Peergroup abgeleitet werden.

Reporting und Controlling

Ein „Profit Warning“ ist ein GAU-Szenario für Investoren, die gerade in größerem Volumen Aktien des IPO-Kandidaten gekauft haben. Ein verlässliches Reporting und Controlling erhöht das Vertrauen der Investoren in die Guidance des Managements und in die Aktie des Unternehmens.

Management

Authentisch, vertrauenswürdig, fachlich kompetent und zahlenfest: Das Vertrauen ins Management ist ein Kernaspekt institutioneller IPO-Investments.

CHECKLISTE ZUR INVESTOR EDUCATION

  • Detaillierte Kenntnis des Wertpapierprospektes und der Analysereports
  • Verständnis der Bewertungsverfahren
  • „Know Your Customer“: Anlageprofil und Investments der jeweiligen Investoren
  • Detaillierte Kenntnis Bottom-up- und Top-down-Businessplan
  • Positionierung im Rahmen der Peergroup und Einschätzungen zum Wettbewerb
  • Dry-run-Präsentation und Q&A mit Transaktionsbank und Legal Council

Autoren: Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Investor Education

Bewertungsprozess

4.27. Preisbildungstechniken (Überblick)

Das Finden eines für den Verkäufer und den Käufer fairen Unternehmenswertes ist das Ziel des gesamten Bewertungs- und Preisbildungsprozesses. Selbst wenn diese Win-win-Situation oft nur kurzfristig Bestand hat, hilft die Wahl der geeigneten Preisbildungsverfahren, das Platzierungsrisiko zu minimieren. Eine misslungene Platzierung auf Basis einer schon veröffentlichten Preisspanne führt oft zu einer nachträglichen Senkung der Preisspanne und ggf. zu einer Kürzung des Angebots. Das in Deutschland bis in die 90er Jahre dominierende Festpreisverfahren wurde weitgehend durch das Bookbuilding verdrängt. Reine Auktionsverfahren konnten sich für IPOs in Deutschland bislang nicht durchsetzen.

Festpreisverfahren

Im Festpreisverfahren werden die Aktien den Investoren zu einem festgelegten Platzierungspreis zur Zeichnung
angeboten.
Der Platzierungspreis wird zwischen dem Bankenkonsortium und dem Emittenten vereinbart und orientiert sich in der Regel am berechneten Fair Value. Je nach Einschätzung des Kapitalmarktes, des Sektors und der Peergroup wird zudem ein „Platzierungsanreiz“ in Form eines Discounts zum Fair Value festgelegt. Das Festpreisverfahren dominierte bis in die Mitte der 90er Jahre in Deutschland. Über den „Platzierungsanreiz“ wurde zwar auch im Rahmen des Festpreisverfahrens das Investorenfeedback in die Preisbestimmung aufgenommen, die Preis-Flexibilität war jedoch nach Festlegung und Veröffentlichung des Platzierungspreises nicht mehr vorhanden. Heute ist das Festpreisverfahren bei IPOs die Ausnahme und eher auf kleinere Emissionen begrenzt.

Klassisches Bookbuilding

Im Bookbuildingverfahren werden die Aktien nicht zu einem bestimmten Platzierungspreis angeboten, sondern
die Investoren werden eingeladen, Zeichnungsaufträge innerhalb einer bestimmten Preisspanne abzugeben.
Auf diese Weise erhält das Bankenkonsortium eine Preis-Absatz-Funktion zur Bestimmung eines möglichst “fairen“ Zuteilungspreises. In der klassischen Variante folgt auf die bis zu zwei Wochen dauernde Investor Education eine ein bis zwei Wochen dauernde Management Roadshow, die zeitlich mit der Zeichnungsfrist identisch ist. Die genauen Fristen werden vom Bankenkonsortium und dem Emittenten in Abhängigkeit vom Volumen, der Platzierungs- Strategie und der Marktsituation festgelegt. Insbesondere aufgrund der Marktnähe und der Flexibilität ist das Bookbuilding inzwischen auch in Deutschland das Standardverfahren für IPOs und Umplatzierungen.

Decoupled Bookbuilding

Diese Variante des Bookbuilding wurde in Deutschland beim IPO der Conergy AG erstmalig angewendet, um der
hohen Volatilität der Kapitalmärkte möglichst gut Rechnung zu tragen. Im Decoupled Bookbuilding verschmelzen
die Investor Education und die Management Roadshow zeitlich bis zu einem gewissen Grad, während die Zeichnungsfrist auf einen möglichst kurzen Zeitraum am Ende der Management Roadshow gelegt wird. Bei
IPO-Projekten beginnt die Zeichnungsphase mit der Veröffentlichung der Preisspanne und dauert i. d. R. mindestens drei Tage. Bei Umplatzierungen kann die Zeichnungsfrist auch auf wenige Stunden beschränkt sein. Im Rahmen des Decoupled Bookbuilding können Investoren die verfügbaren Informationen und ihren Eindruck vom Management für ihre Investitionsentscheidungen zeitnahe berücksichtigen. Der Einfluss möglicher exogener Kursrisiken wird minimiert.

Auktionsverfahren

Das reine Auktionsverfahren kann als eine extreme Form des Bookbuilding gesehen werden und ist ausschließlich auf die Erlösmaximierung bei dem Emittenten ausgerichtet. Im Rahmen der Auktion können Investoren bestimmte Mengen zu bestimmten Preisen zeichnen. Analog zur Preisbildung am Aktienmarkt wird ausgehend von dem höchsten Gebot die Emission so lange der Nachfrage zugeteilt, bis die Platzierung abgeschlossen ist. Der Preis, bei dem die ganze Emission platziert ist, wird anschließend als Emissionspreis gewählt. Strategische Überlegungen bezüglich gewünschter Investorenprofile, Sekundärmarktstabilität etc. werden im Auktionsverfahren ausgeklammert. Das reine Auktionsverfahren konnte sich bislang nicht durchsetzen.


Autoren: Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Preisbildungstechniken (Überblick)

4.28. Festpreisverfahren

Vereinzelt werden als Vorteile des Festpreisverfahrens angeführt:

  • Berechenbarkeit des Emissionserlöses (Hard Underwriting)
  • Ausrichtung am „Fair Value“ des Unternehmens
  • Geringere Komplexität

Als Nachteile des Festpreisverfahrens gelten insbesondere:

  • Bei „Hard Underwriting“: hohes Platzierungsrisiko oder hohe Preisabschläge
  • Bei „Best Effort“-Transaktionen: hohes Mittelzufluss-Risiko aus Sicht des Emittenten
  • Geringe Marktnähe und Flexibilität

Emittentensicht

Die Vorstellung eines berechenbaren Emissionserlöses ohne Platzierungsrisiko ist sicherlich verlockend, in der Praxis allerdings unrealistisch.

Im Rahmen von „Hard Underwriting“-Transaktionen garantiert das Bankenkonsortium die Platzierung und nimmt ggf. die Aktien auf das eigene Buch. In der Regel werden dabei hohe Abschläge zum rechnerischen Unternehmenswert gefordert, um das bankeigene Platzierungsrisiko zu minimieren. Der Emittent wird in dieser Konstellation höchstwahrscheinlich „Emissionserlös“ verschenken. Aufgrund der geringen Marktnähe ist das Risiko einer nicht marktgerechten Preisfestsetzung und damit auch das Risiko einer Transaktionsverschiebung latent.

Bei sogenannten „Best Effort“-Tranksaktionen ist für den Emittenten ein Platzierungserfolg von null bis zu vollständiger Platzierung möglich. Es gibt keine Garantie für den Emissionserlös. Da bei vielen Transaktionen kein „Hard Underwriting“ angeboten wird, ist eine marktnahe Preisfeststellung von kritischer Bedeutung. Das Festpreisverfahren kann dies nicht leisten.

Bankensicht

Nach üblicher Risk/Return-Abwägung gibt es aus Bankensicht keine Vorteile im Festpreisverfahren. Zum Zeitpunkt der Preisbildung haben der Investment-Banking-Bereich, die Research- und Sales-Abteilungen bereits in erheblichem Umfang Zeit und Arbeit in das Projekt investiert. Es gilt daher, das Platzierungsrisiko zu minimieren und die Trankaktion erfolgreich abzuschließen.

Bei Kleinsttransaktionen werden vereinzelt dennoch „Best Effort“-Festpreisplatzierungen angeboten, um den Transaktionsaufwand zu minimieren. Bei Banken mit Kapitalmarkterfahrung und entsprechender Infrastruktur sollte der unterschiedliche Aufwand zwischen Festpreis und Bookbuilding allerdings vernachlässigbar sein und nicht über die Wahl des Platzierungsverfahrens entscheiden. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften wird bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht weiterhin das Festpreisverfahren angewendet, allerdings inzwischen mit zahlreichen und kreativen Modifikationen.

Investorensicht

Investoren bilden sich im Rahmen der Investor Education und der Management Roadshow eine Meinung über den Wert und die Perspektiven des Unternehmens. Zugleich fließen permanent makroökonomische Parameter sowie sektorspezifische und Capital-Allocation-Aspekte in die Investmententscheidung ein. Der Preisbildungsprozess in einem IPO ist damit ein sehr komplexer und sensibler Vorgang. Investoren bevorzugen verständlicherweise ein Preisbildungsverfahren, das hohe Flexibilität bietet. Diesem Anspruch kann das Festpreisverfahren nicht gerecht werden. Die Berechnung des Fair Value in den Researchstudien kann bei umfangreichem Newsflow und Bewertungs-Verschiebungen schnell veraltet sein. Zudem können sich insbesondere in volatilen Marktphasen die Risikoprämien, Markteinschätzungen und damit die Attraktivität des IPOKandidaten schnell ändern.


Autoren:Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Festpreisverfahren

4.29. Klassisches Bookbuilding und Decoupled Bookbuilding

Aufgrund der höheren Flexibilität und Kapitalmarktnähe verdrängte das Bookbuilding das Festpreisverfahren bei IPO-Tranksaktionen nahezu vollständig. Die Modifikationsmöglichkeiten eines Bookbuildingverfahrens sind vielschichtig, wobei im Wesentlichen zwei Varianten zur Anwendung kommen: Das klassische Bookbuilding und das Decoupled Bookbuilding, bei dem die Zeichnungsfrist nicht an den Anfang, sondern an das Ende der Roadshow gesetzt wird und somit von ca. ein bis zwei Wochen auf z. B. drei Tage verkürzt wird. Dies ermöglicht eine sehr marktnahe Preisfestsetzung und kann insbesondere bei volatilen Märkten von Vorteil sein.

Emittentensicht

Die frühe Einbeziehung der Investoren in die Preisbildung wird oft als Gelegenheit zu frühzeitigen Preisverhandlung genutzt. Bei attraktiven Geschäftsmodellen und überzeugendem Management sollte die Emission jedoch ein knappes Gut sein, um das die Investoren bei der Zuteilung konkurrieren. Daher ist aus der frühzeitigen Einbeziehung der Investoren kein Verhandlungsnachteil zu erkennen. Im Gegenteil, eine Bewertungsspanne von ca. 20 % und ggf. eine Greenshoe-Option sichern eine effiziente Preisbildung und einen marktgerechten Platzierungserlös für den Emittenten. Der Emissionspreis wird dabei möglichst so gewählt, dass die zu erwartende Nachfrage das Emissionsvolumen übersteigt. Auf diese Weise wird das Platzierungsrisiko minimiert und eine positive Kursentwicklung unmittelbar nach der Erstnotiz ermöglicht. Ob klassisch oder „Decoupled“ kann nur individuell beantwortet werden, wobei beide Varianten aus Emittentensicht dem Festpreisverfahren meist überlegen sind.

Bankensicht

Während der Bookbuilding Phase sammelt der/die Bookrunner die Zeichnungsgebote in einem elektronisch geführten Verzeichnis und erhält so eine Preis-Absatz-Funktion für die Emission. Der Konsortialführer erhält somit die Möglichkeit, die Emission auch nach strategischen Aspekten im Sinne des Emittenten zuzuteilen. Im Rahmen der Zuteilung können die Qualität und die Anlagephilosophie der Investoren, bestimmte Regionen oder andere Kriterien berücksichtigt werden. Die begleitenden Banken sind, wie der Emittent, an einer vollständigen Platzierung und einer stabilen Kursentwicklung interessiert. Die „Decoupled“-Variante hatte mit den erfolgreichen IPOs der Conergy AG, der Interhyp und der Ersol AG ein erfolgreiches Debüt in Deutschland. Die Decoupled-Variante hat sich seitdem im platzierungsfreundlichen Umfeld bewährt. Das Decoupled Bookbuilding eignet sich weniger, wenn im Rahmen sehr großer IPOs auch im großen Stil Privatanleger angesprochen werden sollen und man deshalb längere Zeichnungsfristen benötigt.

Investorensicht

Die Einbeziehung in den Preisbildungsprozess gibt den Investoren die Möglichkeit, frühzeitig „mitzureden“. Da im Vorfeld umfangreiche analytische Bewertungen als Orientierungshilfe erstellt und publiziert werden und die Investoren im Wettbewerb um die Zuteilung stehen, ist die Gefahr des „Runterredens“ bei attraktiven Emissionen eher theoretischer Natur. Mit dem IPO werden insbesondere institutionelle Investoren neue Miteigentümer des Unternehmens und ein frühzeitiger intensiver Austausch mit Unternehmen und Management im Rahmen des Preisbildungsprozesses führt oft zu einer hohen Identifikation mit dem Investment. Die
intensive Beschäftigung mit dem Emittenten im Rahmen des Bookbuilding ermöglicht zudem nicht nur die marktgerechte Preisfindung zum IPO, sondern auch eine effizientere Informationsverarbeitung und Kurseinschätzung nach dem Erstlisting. Auch aus Investoren-Sicht bietet das Bookbuilding daher Vorteile zum Festpreisverfahren. Ob klassisch oder Decoupled ist bislang nicht statistisch signifikant untersucht. Allerdings ist zu vermuten, dass gut unterrichtete Investoren, die auch mit dem jeweiligen Geschäftsmodell und der Peergroup vertraut sind, schneller entscheiden und in der Decoupled-Variante daher höhere Zuteilungschancen haben sollten.


Autoren: Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Klassisches Bookbuilding und Decoupled Bookbuilding

4.30. Auktionsverfahren und Selbstemission

Der prominenteste Fall eines erfolgreichen Auktionsverfahren lieferte Google mit einer Selbstemission in Höhe von 3,3 Mrd. US-Dollar. Es stellt sich die Frage, weshalb mit der seitdem kontinuierlich gestiegenen Verbreitung des Internet-Brokerage, der Online-Aktienforen und Fachpresseangebote dieses Vorgehen kaum Nachahmer findet. Anscheinend war der Google-IPO hinsichtlich Bekanntheitsgrad, Businessmodel und Investorennachfrage eine Besonderheit und nicht repräsentativ.

Kapitalmarkttransaktionen und insbesondere der IPO-Prozess sind hochkomplexe Prozesse mit vielschichtigen Aspekten insbesondere hinsichtlich der Corporate Finance spezifischen Unternehmensbewertung, der rechtlichen Implikationen und der Investorenansprache. Dies berücksichtigend, mündet ein durch ein Bankenkonsortium begleiteter Prozess mit Einbeziehung qualitativer und strategischer Überlegungen aller Wahrscheinlichkeit nach automatisch im Bookbuilding, was im Prinzip eine stark modifizierte und verfeinerte Form des Auktionsverfahrens ist.

Emittentensicht

Aus Emittentensicht erscheint eine Transaktion nach dem Vorbild von Google verlockend. Die Maximierung des Emissionserlöses in Verbindung mit einer Kosten sparenden Selbstemission dürfte aber auf Google-ähnliche Fälle limitiert und damit für die meisten Emittenten nicht durchführbar sein. Google war zum Zeitpunkt der Emission bereits ein „Hot Issue“ mit hohem Bekanntheitsgrad und einem als leicht verständlich wahrgenommenen Business Model. Die Durchführung von Kapitalerhöhungen oder Umplatzierungen erfordert in den meisten Fällen ein durch Banken begleitetes IPO. Der Emittent wird für den Börsengang vorbereitetet, durch Transaktionsanwälte rechtlich navigiert und die Aktien werden letztendlich bei Investoren platziert.

Ein rein nach Erlösmaximierung gestaltetes Auktionsverfahren unter Vernachlässigung strategischer Aspekte wird in dieser Konstellation eher eine Ausnahme bleiben. So sollten zum Beispiel aus Emittentensicht bereits zum Zeitpunkt des IPOs auch Themen wie „Lock-up für Altgesellschafter“ und „Aktie als Akquisitionswährung“ in die Wahl des Verfahrens mit einbezogen werden.

Bankensicht

Eine Maximierung des Emissionserlöses bedeutet aus Bankensicht eine Maximierung der IPO-Provisionserträge.
Vorausgesetzt, dass mit hinreichender Sicherheit eine das Angebot wesentlich übersteigende Investoren-Nachfrage bei geringer Preiselastizität prognostiziert werden kann, spricht aus Bankensicht nichts gegen das Auktionsverfahren. Allerdings dürfte in diesen Fällen auch das Bookbuilding in Kombination mit einem Greenshoe zur Maximierung des Emissionserlöses führen. Da hierbei zusätzlich strategische Aspekte einbezogen werden, sollte das Bookbuilding im Sinne des Emittenten, der Investoren und damit auch der Banken das bevorzugte Verfahren sein.

Investorensicht

Eine Maximierung des Emissionserlöses ist nicht im Interesse der im IPO angesprochenen Investoren. Zum einen erwarten Investoren Zeichnungsgewinne, die im Rahmen von 10 % bis 20 % als legitim angesehen werden. Zum anderen sind zeichnende Investoren verständlicherweise an stabilen bzw. steigenden Kursen im Sekundärmarkt interessiert. Schwache Sekundärmarkt-Kurse können dazu führen, dass IPO-Investoren ihre teilweise signifikanten Positionen hinterfragen und ein ursprünglich langfristig orientiertes Wachstumsinvestment zur Risikoposition wird. Da insbesondere institutionelle Investoren im IPO oft signifikante Positionen aufbauen, ist in diesem Fall auch eine längerfristige Sekundärmarktbelastung nicht ausgeschlossen. Das Auktionsverfahren wirkt auf Zeichnungsgewinne und Sekundärmarktperformance tendenziell limitierend. Die Investorenakzeptanz für das Auktionsverfahren dürfte daher auf „Hot Issues“ mit absehbarer Übernachfrage reduziert sein.


Autoren: Dr. Jochen Grossmann / Michael Schatzschneider
PDF: Auktionsverfahren und Selbstemission