Das Börsengesetz sieht nach dem Inkrafttreten des Finanzmarkt-Richtlinie- Umsetzungsgesetzes (FRUG) als Umsetzung der Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) den regulierten Markt (Regulated Market, vormals amtlicher und geregelter Markt) und den Freiverkehr (Open Market) vor. Für ein Listing am regulierten Markt bestehen erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Transparenzstandards. Diese ergeben sich aus der Börsenordnung der jeweiligen Wertpapierbörse und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) hat von der Ermächtigung in § 42 Abs. 1 Börsengesetz (BörsG) Gebrauch gemacht und weitere Teilbereiche mit besonderen Pflichten eingeführt (Prime Standard und General Standard). Voraussetzung für die Zulassung im Prime Standard ist zunächst die Zulassung zum General Standard (§§ 42 Abs. 1, 45 Abs. 1 Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse, BörsO FWB).
General Standard
Im General Standard werden die EU-rechtlich vorgegebenen Mindestanforderungen hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen und Melde- und Transparenzpflichten verlangt, um eine internationale Vergleichbarkeit der gelisteten Wertpapiere zu ermöglichen. Ein Listing bietet einen kostengünstigen Zugang zu einem organisierten Markt.
Prime Standard
Im Prime Standard muss der Emittent besonders hohe Transparenzvoraussetzungen erfüllen. Die Aufnahme in den Prime Standard ist Voraussetzung für die Aufnahme in einen der Auswahlindizes der Deutschen Börse (z. B. DAX, MDAX, TecDAX, SDAX).
Zulassung und Einführung
Die Zulassung von Aktien zum organisierten Markt erfolgt durch Verwaltungsakt, der zu einem öffentlich- rechtlichen Benutzungsverhältnis zwischen dem Emittenten und der Börse führt. Eine gleichzeitige Zulassung zum Handel an verschiedenen Handelsplätzen (Dual Listing) ist möglich. Die Zulassung ist von dem Emittenten gemeinsam mit einem in Deutschland zugelassenen Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut oder einem im EU-Ausland angesiedelten und zugelassenen Einlagenkreditinstitut oder Wertpapierhandelsunternehmen, welches Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte im Inland unter Ausnutzung des sog. „Europäischen Passes“ erbringt, zu beantragen. Das entsprechende Institut oder Unternehmen muss an einer inländischen Wertpapierbörse mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sein und ein haftendes Eigenkapital im Gegenwert von mindestens 730.000 Euro nachweisen.
Checkliste
Zulassungsvoraussetzungen
- Gründung und Satzung oder Gesellschaftsvertrag müssen ordnungsgemäß sein (§ 1 BörsZulV).
- Der Emittent muss mindestens seit drei Jahren als Unternehmen (nicht als Aktiengesellschaft) bestehen und Jahresabschlüsse für die letzten drei Geschäftsjahre nach den gesetzlichen Bestimmungen offen gelegt haben (§ 3 Abs. 1 BörsZulV). Abweichend hiervon kann die Börsengeschäftsführung Aktien zulassen, wenn dies im Interesse des Emittenten und Publikums liegt, § 3 Abs. 2 BörsZulV (in der Praxis wird hierbei auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt).
- Der voraussichtliche Kurswert der zuzulassenden Aktien (oder das Eigenkapital des Emittenten, sofern sich der Mindestkurswert nicht schätzen lässt) muss 1,25 Mio Euro betragen, bei Stückaktien müssen mindestens 10.000 Stück emittiert werden (§ 2 Abs. 1, 3 BörsZulV).
- Die zuzulassenden Wertpapiere müssen frei handelbar sein (§ 5 Abs. 1 BörsZulV).
- Die Zulassung muss sich grundsätzlich auf alle Aktien derselben Gattung beziehen (§ 7 Abs. 1 BörsZulV).
- Die zuzulassenden Aktien müssen ausreichend gestreut sein. Sie gelten als ausreichend gestreut, wenn 25 % des Gesamtnennbetrages/der Stückzahl vom Publikum erworben sind, oder wenn wegen der großen Zahl von Aktien derselben Gattung und ihrer breiten Streuung im Publikum ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auch mit einem niedrigeren Vomhundertsatz gewährleistet ist (§ 9 Abs. 1 BörsZulV).
Voraussetzung für die Zulassung ist ferner die Veröffentlichung eines von der BaFin gebilligten Wertpapierprospekts, soweit nicht nach § 1 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 WpPG von der Veröffentlichung des Prospekts abgesehen werden kann, § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG. Die Anforderungen an den Prospektinhalt ergeben sich im Wesentlichen aus der sog. „Prospektrichtlinie-Umsetzungsverordnung“ (Verordnung (EG) Nr. 809/2004). Ein gemeinsames Komitee der europäischen Aufsichtsbehörden (Committee of European Securities Regulators, CESR) haben Empfehlungen zur Auslegung der Prospektrichtlinie- Umsetzungsverordnung veröffentlicht (erhältlich unter www.cesr-eu.org).
Die Zulassung der Aktien erfolgt frühestens einen Handelstag nach Einreichung des Zulassungsantrages § 50 Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV).
Für die Zulassung fällt eine Gebühr in Höhe von 10.000 Euro (Prime Standard) oder 7.500 Euro (General Standard) an.
Auf Antrag des Emittenten entscheidet die Geschäftsführung der Börse mit Verwaltungsakt über die Aufnahme der Notierung zugelassener Wertpapiere im regulierten Markt, § 38 Abs. 1 BörsG. Die Einführung darf frühestens einen Werktag nach der Veröffentlichung des Prospekts oder, wenn keine Prospektpflicht bestand, einen Werktag nach der Veröffentlichung der Zulassung erfolgen, § 52 BörsZulV.
Checkliste
Zulassungsfolgepflichten
General Standard
- Ad-hoc-Publizitätspflicht, § 15 WpHG
- Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS oder US-GAAP)
- Jahres- und Halbjahresfinanzbericht, §§ 37 v, w WpHG
- Zwischenmitteilungen Q1 u. Q3 (kein Abschluss, d. h. keine GuV, Bilanz etc. erforderlich)
- Veröffentlichungen grundsätzlich in deutscher Sprache
Prime Standard (zusätzlich zu den Anforderungen im General Standard)
- Jahresfinanzbericht, Halbjahresfinanzbericht, Quartalsberichterstattung und Ad-hoc Mitteilungen auch in engl. Sprache
- Quartalsberichterstattung (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung, Segmentberichterstattung entsprechend IFRS oder USGAAP) und nicht lediglich Zwischenmitteilungen
- Pflege eines Unternehmenskalenders auf der Homepage auch in englischer Sprache, § 49 BörsO FWB
- Durchführung mindestens einer
Analystenkonferenz pro Geschäftsjahr, § 50 BörsO FWB
Einbeziehung
Anstelle der Zulassung ist auch eine Einbeziehung in den Regulierten Markt möglich, wenn das Wertpapier bereits an einer anderen inländischen Börse zum Handel in den regulierten Markt oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zum Handel an einem organisierten Markt oder an einem Markt in einem Drittstaat, sofern vergleichbare Zulassungsvoraussetzungen, Melde- und Transparenzpflichten bestehen, zugelassen ist (§ 33 Abs. 1 BörsG).
Zulassungsfolgepflichten
Aus der Zulassung zu den verschiedenen Börsensegmenten sowie der Einführung ergeben sich verschiedene Folgepflichten: Offenlegung von Directors‘ Dealings § 15a Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Mitteilung zu Meldeschwellen §§ 21 ff. WpHG, Pflichtangebot bei Kontrollwechsel, §§ 35 ff. WpÜG sowie Finanzberichterstattung. Letztere ist durch Ankündigung, Mitteilung an die BaFin und Übermittlung an das Unternehmensregister innerhalb von vier Monaten nach dem Ende des Berichtszeitraums (Jahresfinanzberichte), zwei Monaten nach Ende des Berichtszeitraums (Halbjahresfinanzberichte und Quartalsberichte) oder sechs Wochen vor Ende des Halbjahres (Zwischenberichte) zu veröffentlichen.
Autor: Holger Hirschberg/Philipp Melzer/Stephan Parrandier/Dr. Andreas Zanner
PDF: Regulated Market