Wertpapierprospektgesetz

I. Grundsätzliches

Im Zusammenhang mit dem Börsengang einer Gesellschaft ergibt sich die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts nach dem Wertpapierprospektgesetz. Der Emittent ist hierzu entweder aufgrund des Umstands verpflichtet, da die Aktien öffentlich angeboten werden oder (und) aus dem Umstand, dass die Aktien an einem organisierten Markt (d. h. am regulierten Markt) zugelassen werden sollen.

Ein öffentliches Angebot von Aktien liegt insbesondere dann vor, wenn die Aktien mindestens 100 qualifizierten Anlegern zum Erwerb angeboten werden, der Investitionsbetrag pro Anleger unter 50.000,00 Euro liegt und der Verkaufspreis für alle angebotenen Aktien weniger als 100.000,00 Euro beträgt (vgl. § 3 Abs. 2 WpPG).

Der für das öffentliche Angebot oder die Zulassung der Aktien zum Handel im regulierten Markt zu erstellende Wertpapierprospekt ist vor seiner Veröffentlichung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu billigen.

II. Prospektinhalt

Der Prospekt hat sämtliche Angaben zu enthalten, die im Hinblick auf den Emittenten und die Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Bild über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und die mit den Aktien verbundenen Rechte zu ermöglichen (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG). Die Mindestangaben für einen Wertprospekt sind insbesondere in den Anhängen der EU-Prospektdurchführungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 809/204) geregelt. Für die Erstellung eines Wertpapierprospekts im Zusammenhang mit einem Börsengang eines Unternehmens sind im Wesentlichen die folgenden Anhänge der EU-Prospektdurchführungsverordnung einschlägig:

  • Mindestangaben für das Registrierungsformular für Aktien (Anhang I)
  • Modul für Pro forma – Finanzinformationen (Anhang II)
  • Mindestangaben im Zusammenhang mit der Beschreibung der Aktien und dem öffentlichen Angebot (Anhang III)

Der Wertpapierprospekt hat insbesondere umfassende Angaben zu den folgenden wesentlichen Punkten zu enthalten:

1. Risikofaktoren: In dem Kapitel „Risikofaktoren“ sind sämtliche wirtschaftlichen, finanziellen, rechtliche, steuerliche und sämtliche sonstigen Risiken der Emittentin und der Aktien klar offen zu legen.

2. Historische Finanzinformationen: Im Prospekt sind vom Abschlussprüfer geprüfte Konzern-Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre sowie der geprüfte Einzelabschluss des letzten Geschäftsjahres darzustellen. Grundsätzlich sind diese Abschlüsse nach IFRS-Rechnungslegungsgrundsätzen zu erstellen. Lediglich wenn keine Zulassung der Aktien zum Handel im regulierten Markt erfolgt, können diese Abschlüsse auch nach HGB erstellt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Zwischenfinanzinformationen im Prospekt darzustellen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Emittent seit dem letzten geprüften Jahresabschluss vierteljährlich oder halbjährlich Finanzinformationen veröffentlicht hat oder der Prospekt mehr als neun Monate nach Ablauf des letzten geprüften Finanzjahres erstellt wurde.

3. Pro-forma-Finanzinformation: Hat eine Transaktion stattgefunden, die zu einer Veränderung von jeweils mehr als 25 % der Bilanzsumme, des Umsatzes oder des Gewinns Auswirkungen hat, und ist diese noch nicht in den bereits dargestellten historischen Finanzinformationen abgebildet, hat der Emittent Angaben über diese Transaktion in Form von Proforma- Finanzinformationen im Prospekt zu machen.

4. Management Discussions and Analysis: Im Prospekt ist die Geschäfts-, Finanz- und Ertragslage der Emittenten für die vergangenen drei Geschäftsjahre sowie deren Gründe ausführlich im Prospekt darzustellen.

5. Geschäftsüberblick: In umfassender und strukturierter Weise sind im Prospekt die Hauptgeschäftsbereiche, die wichtigsten Märkte und die Wettbewerbsposition des Emittenten darzustellen.

6. Darstellung der rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse: In diesem Zusammenhang sind im Prospekt insbesondere folgende Bereiche darzustellen:

  • Rechtliche Entwicklung der Gruppe bis zum Börsengang
  • Rechte der Aktionäre
  • Corporate Governance (ausführliche Darstellung des Vorstands, des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung)
  • Wesentliche Verträge
  • Geschäfte mit verbundenen Parteien
  • Gewerbliche Schutzrechte
  • Grundstücksrechte
  • Besteuerung des Emittenten und seiner Aktionäre

Autor: Dr. Christian Becker
PDF: Wertpapierprospektgesetz