Grundsätzlich hat eine deutsche Aktiengesellschaft alle Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (§ 53a AktG). Die Einflussmöglichkeiten der neuen Aktionäre lassen sich bei einem IPO somit nicht ausschließen. Sie sollten aber nicht überbewertet werden. In der Regel erwarten die neuen Aktionäre gerade bei Gesellschaften, die durch einen Vorstand aus der Anteilseignerfamilie geleitet werden, dass dieser nicht in seinen Kompetenzen beschränkt wird. Für die Sicherung des vor dem IPO bestehenden Machtgefüges gibt es eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten.
1. Satzungsändernde Mehrheiten
Behalten die Altaktionäre im Rahmen eines Börsengangs der Gesellschaft mindesten drei Viertel des Grundkapitals, können sie nach der Regelung des § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG grundsätzlich alle Satzungsänderungen beschließen. Zudem ist es möglich für sogenannte „normale“ Hauptversammlungsbeschlüsse das Mehrheitserfordernis für satzungsändernde Beschlüsse von einer Dreiviertelmehrheit auf eine einfache Mehrheit herabzusetzen (vgl. § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG). Allerdings bedürfen besonders wichtige Satzungsänderungen wie z. B. Kapitalerhöhungen und sonstige Strukturmaßnahmen stets mindestens einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Eine einfache Stimmenmehrheit reicht für die Fassung diese Beschlüsse nicht aus.
Grundsätzlich ist es auch möglich, das Mehrheitserfordernis für Satzungsänderungen auf eine größere als eine Dreiviertelmehrheit anzuheben und so den Altgesellschaftern ein Veto-Recht für alle Satzungsänderungen einzuräumen.
2. Bezugsrechte der Altgesellschafter
Jeder Aktionär ist Inhaber seines gesetzlichen Bezugsrechts (§ 186 Abs. 1 AktG). Demnach kann er verlangen, dass ihm im Rahmen einer Kapitalerhöhung ein entsprechend seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt wird. Nur in Ausnahmefällen kann die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals einen Bezugsrechtsausschluss beschließen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Bezugsrechtsausschluss im Unternehmensinteresse liegt und es sich bei der konkreten Kapitalerhöhung um eine geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme der Unternehmensfinanzierung handelt. Wenn das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder teilweise ausgeschlossen worden ist, kann eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses auch darauf gestützt werden, dass der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag unangemessen niedrig ist (vgl. § 255 Abs. 2 AktG). Hat der Aktionär eine rechtliche Verwässerung aus vorrangigen Unternehmensinteressen hinzunehmen, soll er durch die Vorschrift des § 255 Abs. 2 AktG wenigstens vor einer wirtschaftlichen Verwässerung geschützt werden.
3. Einführung neuer Vorzugsaktien
Außer wenn die Gesellschaft Vorzugsaktien ausgegeben hat, stehen allen Aktionären die gleichen Dividenden-, Stimm- und Liquidationsrechte zu. Neue Vorzugsaktien, die gegenüber bisherigen Aktien erweiterte Rechte aufweisen, können nur geschaffen werden, wenn alle betroffenen Aktionäre der Einführung dieser neuen Aktiengattung zustimmen.
4. Informationsrechte des Aktionärs
Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG ergibt sich, dass alle Aktionäre die gleichen Informationsrechte hinsichtlich der Angelegenheiten der Gesellschaft haben. Dieses Auskunftsrecht kann der Aktionär grundsätzlich nur in der Hauptversammlung ausüben (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG). Hat die Gesellschaft einem Aktionär wegen seiner Aktionärseigenschaft eine Auskunft außerhalb der Hauptversammlung erteilt, kann auch jeder andere Aktionär verlangen, dass auch ihm diese Auskunft gegeben wird (vgl. § 131 Abs. 4 AktG).
5. Entsenderechte für bestimmte Aktionäre
Gemäß § 101 Abs. 2 Alt. 1 AktG ist es durch eine entsprechende Satzungsregelung möglich, für bestimmte Aktionäre ein Entsendungsrecht für Aufsichtsratsmitglieder zu begründen. Entsenderechte können allerdings höchstens für ein Drittel der gesetzlich oder satzungsmäßig geforderten Anzahl an Aufsichtsratsmitgliedern eingeräumt werden. Bei einer börsennotierten Gesellschaft sind derartige Entsenderechte nicht mit den Aktien auf einen Erwerber übertragbar, sondern erlöschen mit der Übertragung sämtlicher Aktien des entsendeberechtigten Aktionärs.
Autor: Dr. Christian Becker
PDF: Rechte der Altgesellschafter