3.1 Gestaltungsformen eines IPOs

Abhängig von der jeweiligen Struktur, Historie und geplanten Entwicklung eines Unternehmens müssen dessen Eigentümer und das Management entscheiden, ob der Emittent eine einfache Notierungsaufnahme ohne öffentliches Angebot anstreben oder im Rahmen eines öffentlichen Angebotes seine Aktien den Anlegern breit gestreut zum Kauf anbieten soll. Gleichzeitig muss der Emittent die Kapitalmarktzugänge prüfen, die die verschiedenen Segmente der Deutschen Börse bieten. Diese verlangen die Erfüllung unterschiedlicher Zulassungsvoraussetzungen bzw. Emissionsfolgepflichten. Dabei sind auch ein Dual Listing sowie eine US-Platzierung in Betracht zu ziehen.

Weitere Möglichkeiten der Handelsaufnahme sind ein Reverse IPO sowie die Platzierung von Aktien durch eine SPAC, eine Special Purpose Acquisition Corporation.

Notierungsaufnahme ohne öffentliches Angebot

Bei einer Notierungsaufnahme ohne öffentliches Angebot handelt es sich nicht um ein IPO im eigentlichen Sinne, da eben kein „erstes öffentliches Angebot“ (Initial Public Offering) zur Zeichnung von Aktien durch das Unternehmen abgegeben wird. Vielmehr stellt ein an der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) zugelassener Handelsteilnehmer für den Börsenaspiranten den Antrag auf Einbeziehung in den Handel. Die Handelsaufnahme findet typischerweise im Open Market (Freiverkehr) der FWB statt. Der Open Market ist ein börsenregulierter Markt, der nicht den Vorgaben des Europäischen Gemeinschaftsrechts, sondern lediglich nationalen Vorschriften folgt (nicht EU-regulierter Markt). Die Zulassungsvoraussetzungen für die Einbeziehung von Aktien in den Open Market erfüllt der Emittent bereits mit einem nichtöffentlichen und nicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder Börse geprüften Unternehmensexposé.

Die Erstellung eines Prospektes nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) wäre nur dann erforderlich, wenn die Einbeziehung mit einem öffentlichen Angebot in Deutschland einherginge. Als ein solches kann von der BaFin aber bereits auch eine kleine Umplatzierung aus Altaktionärsbesitz oder Kapitalerhöhung gewertet werden, die zur Herstellung einer gewissen Liquidität in der Aktie bei einigen wenigen ausgewählten institutionellen Investoren privat platziert wird.

Strebt der Emittent außerdem die Aufnahme in den Entry Standard, ein Spezialsegment des Open Market mit zusätzlichen Transparenzanforderungen, an, bedarf es neben der Antragstellung durch den zugelassenen Handelsteilnehmer auch dessen Verpflichtungserklärung, die Regeln des Entry Standard einzuhalten und die Erfüllung der Transparenzanforderungen durch das Unternehmen zu überwachen. Handelt es sich nicht schon bei dem antragstellenden Handelsteilnehmer um einen Deutsche Börse Listing Partner, so muss der Emittent zusätzlich einen solchen verpflichten. Bei einem Deutsche Börse Listing Partner kann, muss es sich aber nicht zwangsläufig um ein Kreditinstitut handeln. Seine Kernaufgaben bestehen in der Durchführung eines ersten und fortlaufend mindestens einmal jährlich stattfindenden Informationsgesprächs über Transparenzanforderungen am Kapitalmarkt sowie die Beratung des Unternehmens bei der Veröffentlichung der vorgeschriebenen Informationen (u.a. Unternehmenskalender, -kurzporträt, Publikation wesentlicher Unternehmensnachrichten).

Eine Notierungsaufnahme ohne öffentliches Angebot an dem regulierten Markt (General Standard) ist grundsätzlich denkbar, da keine Mindestanforderungen an die Höhe des Free Float bestehen, im Teilbereich Prime Standard, in dem ein Free Float in Höhe von 25 % erreicht werden muss, jedoch nicht möglich. Zulassungsvoraussetzung im regulierten Markt ist jedoch auch bei einer Notierungsaufnahme ohne öffentliches Angebot die Erstellung eines Prospektes durch den Emittenten. Allerdings wird ein Börsenkandidat, der seine Aktien ohne öffentliches Angebot notieren möchte, die Aufnahme in einen EU-regulierten Markt (General und Prime Standard) typischerweise nicht anstreben. Er wählt den schnellen und einfachen Weg an die Börse, weil er meist auch weitere Zulassungsvoraussetzungen oder Emissionsfolgepflichten des regulierten Marktes (noch) nicht erfüllen kann, z. B. eine Rechnungslegung nach internationalen Bilanzierungsgrundsätzen. Dennoch ist das angestrebte Fernziel ein Listing im regulierten Markt, um die Börse auch zur Kapitalbeschaffung nutzen zu können. Das Listing soll zunächst den Bekanntheitsgrad steigern und Investoren auf das Papier aufmerksam machen. Auch eine Umstrukturierung des Aktionärskreises wird so leichter möglich.

Notierungsaufnahme mit öffentlichem Angebot

Bei einer Notierungsaufnahme mit einem ersten öffentlichen Angebot (IPO), bietet ein Emittent Aktien, die aus einer Kapitalerhöhung stammen, und/ oder seine Altaktionäre (einen Teil) ihrer Aktien dem Anlegerpublikum breit gestreut zum Kauf an. Dieses erste öffentliche Angebot im Inland löst wie auch zu einem späteren Zeitpunkt stattfindende öffentliche Angebote desselben Emittenten grundsätzlich die Pflicht zu Erstellung eines Prospektes nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) aus. Zwar sieht das WpPG bestimmte Ausnahmen von der Prospektpflicht vor (z. B. eine Kapitalerhöhung von unter 10 % bereits zugelassener Papiere), jedoch passen diese nicht auf die Situation einer erstmaligen Börsennotierung. Typischerweise geht das öffentliche Angebot in Deutschland mit Privatplatzierungen bei institutionellen Investoren im europäischen Ausland einher.

Sollen die neu zu emittierenden Aktien und/oder die umzuplatzierenden Aktien außerdem an einem regulierten Markt notiert werden, ergibt sich auch aus den Zulassungsvoraussetzungen des regulierten Marktes die Prospektpflicht für den Emittenten. Dabei ist der General Standard insbesondere für Unternehmen geeignet, die überwiegend nationale Investoren ansprechen. Zu den wesentlichen gesetzlichen Anforderungen zählen u. a. die Veröffentlichung von Jahres- und Halbjahresfinanzberichten nach IFRS sowie Zwischenmitteilungen für die Quartale 1 und 3, Ad-hoc-Publizitätspflichten, die Offenlegung von Directors’ Dealings und die Mitteilung zur Überschreitung von Meldeschwellen. Unternehmen des Prime Standard müssen darüber hinausgehende internationale Transparenzanforderungen, wie z. B. die Erstellung und elektronische Übermittlung von Jahres- , Halbjahres- und Quartalsfinanzberichten, die Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders im Internet und die Durchführung mindestens einmal jährlich stattfindender Analystenveranstaltungen, erfüllen. Die Zulassung zum Prime Standard ist zugleich Voraussetzung für die Aufnahme eines Unternehmens in die Indizes DAX, MDAX, TecDAX, SDAX und GEX.

Neben der Börsenzulassung und der Erstellung des Prospektes muss ein IPO-Kandidat ein spezifisches Emissionskonzept entwickeln. Dieses umfasst neben der Equity Story die gewünschte Zielanlegerstruktur, die Rechtsform, die Aktienart und -gattung, das Platzierungsverfahren sowie die Emissionsstruktur, d. h. das Verhältnis von Kapitalerhöhungs- zu Umplatzierungsanteil aus Altaktionärsbesitz. Letztere ist ein immer wieder diskutiertes, sicherlich auch sehr unternehmensspezifisches Thema. Es steht in engem Zusammenhang mit der Equity Story, d. h. der Verwendung des Emissionserlöses durch das Unternehmen sowie einer indikativen Unternehmensbewertung. Ist die Equity Story schon so konkret entwickelt, dass eine bestimmte Investitionshöhe durch den Börsengang eingenommen werden soll, bestimmt diese sowie die Bewertung des Unternehmens die Anzahl der im Wege der Kapitalerhöhung zu emittierenden Aktien. Da wiederum der Kapitalerhöhungsanteil in einem von den Investoren akzeptierten Verhältnis zum Umplatzierungsanteil stehen sollte, wird dessen Höhe schließlich auch von der Zukunftsplanung des Unternehmens bestimmt. Als grobe Richtschnur lässt sich festhalten, dass im Rahmen eines IPOs der Kapitalerhöhungsanteil nicht weniger als 40 % des Emissionsvolumens ausmachen sollte.

„Europäischer Pass“ für Prospekte und Dual Listing

Emittenten, die ihre Aktien nicht nur in Deutschland, sondern auch in einem oder mehreren anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) anbieten oder zum Handel an einem organisierten Markt zulassen möchten, können dies mit Hilfe des von der BaFin gebilligten Prospektes (einschließlich möglicher Nachträge) zwölf Monate lang tun. Einzige Voraussetzung hierfür ist die sogenannte „Notifizierung“ des Prospektes durch die BaFin, d. h. die Ausstellung einer Bescheinigung durch die BaFin über deren Prospektbilligung gegenüber den zuständigen Behörden des anderen Staates. Diese Notifizierung muss durch den Emittenten bei der BaFin beantragt werden. Dieses Verfahren gilt vice versa für ausländische Emittenten.

Auch nach Ablauf der Gültigkeit des Prospektes können inländische Emittenten die Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem anderen organisierten Markt beantragen, wenn die Papiere zu diesem Zeitpunkt bereits länger als 18 Monate zum Handel zugelassen sind und der Emittent die laufenden Publizitätspflichten eingehalten hat. Einzige Voraussetzung ist die Veröffentlichung einer Prospektzusammenfassung in einer von der zuständigen Behörde des anderen Staates anerkannten Sprache. Dieses Verfahren gilt ebenfalls vice versa für ausländische Emittenten.

US-Platzierung

Im Rahmen eines IPOs in Deutschland kann ein Emittent zusätzlich eine Privatplatzierung bei institutionellen Investoren nach Rule 144A in den USA anstreben. Diese Form der Platzierung ist gegenüber einem finanziell und rechtlich aufwendigen Zulassungsverfahren im Rahmen eines öffentlichen Angebotes in den USA, welches eine Registrierung bei der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) erfordert, vorzuziehen. Jedoch können die Aktien nur an sogenannte QIBs (Qualified Institutional Investors) veräußert werden. Außerdem gelten nach Rule 144A starke Einschränkungen in der Kommunikation gegenüber US-amerikanischen institutionellen Investoren, die unbedingt zu beachten sind.

Privatplatzierung

Im Rahmen einer Privatplatzierung (Private Placement) werden Wertpapiere nicht öffentlich, sondern lediglich einem begrenzten Anlegerkreis angeboten. Dies kann z. B. eine ein IPO in Deutschland begleitende Privatplatzierung im Ausland sein. Die Basistransaktion für eine Privatplatzierung kann aber auch eine Kapitalerhöhung eines Unternehmens sein, die von einer oder mehreren Investmentbanken bei institutionellen Anlegern platziert wird oder eine sogenannte Umplatzierung. Bei letzterer werden Aktien aus Altaktionärsbestand ebenfalls an institutionelle Investoren veräußert, um z. B. eine Erhöhung des Free Float oder eine gezielte Änderung des Aktionärskreises herbeizuführen. Eine Privatplatzierung kann auch gleichzeitig Aktien aus einer Kapitalerhöhung und aus Altaktionärsbesitz beinhalten.

Im Gegensatz zu einem öffentlichen Angebot kann das Angebot von Aktien im Wege einer Privatplatzierung aufgrund des begrenzten Anlegerkreises prospektfrei erfolgen. Dies gilt insbesondere für Angebote, die sich an sogenannte qualifizierte Anleger richten. Um solche handelt es sich nach WpPG bei Finanzdienstleistungsunternehmen, Zentralbanken, Regierungen, internationalen Finanzinstitutionen sowie bei anderen juristischen Personen, die nach Beschäftigtenzahl, Bilanzsumme und Jahresumsatz als große Unternehmen anzusehen sind. Insbesondere sind auch institutionelle Investoren unter dem Begriff des qualifizierten Anlegers zu definieren. Kleine und mittlere Unternehmen und vor allem auch natürliche Personen gelten nur dann als qualifizierte Anleger, wenn sie in einem Staat des EWR ansässig sind und sich in einem von der BaFin geführten Register als qualifizierte Anleger haben registrieren lassen. Selbstverständlich müssen dafür bestimmte Mindestanforderungen und Voraussetzungen von ihnen erfüllt worden sein.

Reverse IPO

Bei einem Reverse IPO handelt es sich um die gesellschaftsrechtliche Zusammenführung eines börsennotierten und eines nicht börsennotierten Unternehmens. Diese alternative Form des Kapitalmarktzuganges wurde vor allem nach dem Einbruch des Neuen Marktes in den Jahren 2000 bis 2002 intensiv diskutiert. Denn in der Folge des Neuen Marktes ließen sich nur wenige mit den Preisvorstellungen der Emittenten zu vereinbarende Emissionen an der Börse platzieren. Gleichzeitig gab es aber das Bedürfnis einer Börsennotierung zum Zwecke weiterer Kapitalaufnahme oder aus sonstigen unternehmensspezifischen Gründen. Grundsätzlich lassen sich zwei Wege, einen Reverse IPO zu realisieren, unterscheiden:

  1. Das gelistete Unternehmen führt eine Kapitalerhöhungunter Ausschluss des Bezugsrechtes durch,bei der die Anteile des nicht gelisteten Unternehmensals Sacheinlage eingebracht werden.
  2. Das gelistete und das nicht gelistete Unternehmenwerden miteinander verschmolzen. Für die Verschmelzunggibt es wiederum drei Unterfälle:
    1. der Übernehmer wird auf die Zielgesellschaft verschmolzen
    2. die Zielgesellschaft wird auf den Übernehmer verschmolzen
    3. Übernehmer und Zielgesellschaft werden beide auf eine neu zu gründende Gesellschaft (NewCo) verschmolzen

Im Falle einer Verschmelzung auf die nicht börsennotierte Gesellschaft oder auf eine NewCo muss die Börsenzulassung für das fusionierte Unternehmen neu betrieben werden. In jedem Falle – auch im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung von mehr als 10 % – ist ein Antrag auf Börsenzulassung und i. d. R. die Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospektes für die neu entstehenden Aktien erforderlich.

Grundvoraussetzung für die Realisierung eines Reverse IPOs ist entweder, dass bei der notierten Gesellschaft eine ausreichende Mehrheit der Aktionäre dem Vorhaben positiv gegenüber steht oder ein entsprechender Anteilserwerb vorgeschaltet wird, um eine solche zu schaffen, denn in der Regel können die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse nur mit einer qualifizierten Mehrheit des auf der Hauptversammlung vertretenen stimmberechtigten Kapitals getroffen werden. Die Durchführung einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage kann zwar grundsätzlich auch aus einem dafür vorgesehenen genehmigten Kapital erfolgen, doch reicht dieses häufig nicht aus. Auch eine Fusion bedarf entsprechender Beschlüsse der zuständigen Gremien (Haupt- oder Gesellschafterversammlung) der beteiligten Unternehmen. Essenziell für den Zusammenschluss ist in jedem Falle die Festlegung der Unternehmenswerte, die die Basis für die Anzahl der neu auszugebenden Aktien und damit für die neue Aktionärsstruktur nach Vollzug der Transaktion darstellt. Grundlage der Bewertung ist i. d. R. eine gegenseitige Due Diligence, in deren Verlauf insbesondere die Planungen der beteiligten Unternehmen auf ihre Plausibilität hin überprüft werden.

Zu prüfen bleibt außerdem, ob die neuen Mehrheitsverhältnisse bei dem gelisteten Unternehmen nach Durchführung der Transaktion zu Konsequenzen gemäß Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) führen. Soll ein (Pflicht-)Übernahmeangebot vermieden werden, sind alternative Transaktionsstrukturen zu prüfen.

Im Vergleich zu einem Reverse IPO ist ein sogenannter Mantelkauf, d. h., der Erwerb (der Mehrheit) der Anteile an einer börsennotierten Gesellschaft, die ihr operatives Geschäft eingestellt hat, ist lediglich ein erster Schritt zur Börsennotierung. Schließlich muss das eigene oder geplante operative Geschäft in den Mantel eingebracht und dieser außerdem ggf. mit dem erforderlichen Kapital ausgestattet werden.

Special Purpose Acquisition Company (SPAC)

PRO CONTRA
  • Flexiblerer Zugang zum Kapitalmarkt,unabhängig von temporären Marktbedingungen
  • Grundsätzlich einige börsennotierte Unternehmen mit niedriger Marktkapitalisierung verfügbar
  • Sofortige Liquidität der Anteile
  • Keine direkte Abhängigkeit von der Kursentwicklung der Peergroup
  • Marktkapitalisierung des notierten Unternehmens steigt durch die erhöhte Anzahl umlaufender Aktien; erhöhte Attraktivität für Investoren
  • Aufwendige Due-Diligence-Prüfungen notwendig
  • Rechtliche Hürden bei bzw. nach der Akquisition
  • Kein unmittelbarer Liquiditätszufluss
  • Kurzfristige Kapitalerhöhung mangels ausreichendem Free Float notwendig,d. h. Abhängigkeit vom Kapitalmarkt
  • Restrisiken aus der Zielgesellschaft; möglicher Imageschaden
  • Scheinbar mangelnde Kapitalmarktfähigkeit bzw. Attraktivität des Übernehmersfür Investoren
Pro und Contra eines indirekten IPOs

Bei einer Special Purpose Acquisition Company (SPAC) handelt es sich um ein in einer börsenfähigen Rechtsform gegründetes Unternehmen, das zunächst ohne ein operatives Geschäft zu betreiben im Wege eines IPOs Kapital bei Investoren einwirbt. Das im IPO erlöste Kapital wird zu ca. 95 % treuhänderisch verwaltet und binnen zwei Jahren entweder zur Akquisition einer interessanten Zielgesellschaft verwendet oder an die Investoren zurückgezahlt. Die übrigen 5 % der IPO-Erlöse dienen zur Deckung der entstehenden Kosten. Entscheidend ist, dass das Management Akquisitionserfahrung nachweisen kann und um die Glaubwürdigkeit für Investoren weiter zu erhöhen, selber mit Eigenkapital engagiert ist.

In den USA gibt es bereits eine ausgeprägte Zahl so strukturierter Unternehmen, auch in Europa sind die ersten Listings zu beobachten, während sich dieser Kapitalmarktzugang in Deutschland bislang noch nicht etabliert hat.


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3.2. Besetzung des Vorstandes

Der Vorstand eines börsennotierten Unternehmens hat eine besondere Aufgabe, die durch die Öffentlichkeitswirkungen weit über die Rolle eines Vorstandes von nicht börsennotierteeinern Unternehmen hinausgeht. Daher kommt der richtigen Auswahl und der Qualität seiner Mitglieder eine zentrale Bedeutung zu. Denn nicht jeder Geschäftsführer, der sein Unternehmen erfolgreich führt, hat immer die notwendige Kompetenz, sein Unternehmen auch auf dem Kapitalmarkt angemessen zu vertreten. Dies gilt in besonderem Maße für den Finanzvorstand, der bereits über Börsenerfahrungen verfügen sollte.

Der Vorstand ist das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Aktiengesellschaft. Durch ihn wird die Aktiengesellschaft als juristische Person handlungsfähig. Als zentralen Bestandteil der Unternehmensleitung hat der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu entwickeln und diese mit dem Aufsichtsrat abzustimmen. Im Rahmen der Geschäftsführungsbefugnis setzt der Vorstand die strategische Ausrichtung um bzw. sorgt für deren Umsetzung.

Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern erfolgt ausschließlichdurch einen Beschluss des gesamten Aufsichtsrats.Dieses Recht kann nach dem Aktiengesetzweder auf die Hauptversammlung noch auf einenAufsichtsratsausschuss oder sonstige Dritte übertragenwerden. Der Aufsichtsrat hat bei der Auswahlder Vorstandskandidaten weitgehend Entscheidungsfreiheit.Eignung und Qualifikation der Kandidatensind offensichtlich maßgebliche Kriterien, ohne dasssich aber daraus in jedem Fall eine nach objektivenKriterien eindeutige Rangordnung von Kandidatenableiten lässt. Das Aktiengesetz beschränkt sich beiden persönlichen Anforderungen für die Bestellungzum Vorstand lediglich darauf, dass nur natürliche,unbeschränkt geschäftsfähige Personen vorstandsfähigsind. Außerdem darf der Vorstandskandidatnicht mit einem relevanten Berufsverbot belegt undin den vergangenen fünf Jahren nicht wegen einer Konkursstraftat verurteilt worden sein.

Der Vorstand kann die Zuständigkeiten seiner Mitglieder funktional, nach Sparten oder geografisch abgegrenzten Bereichen aufteilen, nicht aber die ihm insgesamt zugewiesenen Leitungsaufgaben auf seine Mitglieder delegieren. Typische funktionale Vorstandsressorts sind der kaufmännische bzw. der produktionstechnische Bereich, Vertrieb und Marketing, Forschung und Entwicklung sowie strategische Fragestellungen. Die Bestellung von stellvertretenden Vorstandsmitgliedern ist ebenso zulässig wie die Wahl eines Sprechers oder die Bestellung eines Vorsitzenden, wobei diese im Außenverhältnis die gleichen Befugnisse wie normale Mitglieder des Vorstands haben.

Die Qualifikation des Vorstands ist von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg eines Unternehmens. Dies gilt vor allem für einen geplanten Börsengang. So machen sich insbesondere institutionelle Investoren bezüglich ihrer Portfolioentscheidungen auf den Roadshows der Unternehmen im Rahmen von Präsentationen oder One-on-One-Treffen ein Bild von den Fähigkeiten und der Persönlichkeit einzelner Vorstandsmitglieder. Im Mittelpunkt stehen dabei neben fachspezifischen Fähigkeiten vor allem unternehmerischer Weitblick, Sachverstand, Urteilsvermögen und Durchsetzungsstärke.

Bei der Besetzung von Vorstandspositionen werden inzwischen häufig professionelle Personalberatungsgesellschaften eingeschaltet (Executive Search). Der Vorteil ihrer Dienstleistung liegt darin, dass sie sich auf die Besetzung von vakanten Führungspositionen in Unternehmen spezialisiert haben. Executive Search wird bei der Suche nach Top-Führungskräften, die i. d. R. nicht auf eine Stellenanzeige reagieren würden, angewandt. Die Suche nach Leistungsträgern, die zu den individuellen unternehmerischen Anforderungen eines Mandanten bezüglich fachlicher, intellektueller und sozialer Kompetenz passen, umfasst im Normalfall die in der folgenden Abbildung dargestellten Schritte:

Dieser Ablauf bietet ein hohes Maß an Transparenz für den Auftraggeber und soll eine rasche Besetzung einer Position durch einen  bestmöglichen Kandidaten gewährleisten.


Autor: Dr. Klaus Weigel
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3.3. Besetzung des Aufsichtsrates

Der richtigen Besetzung des Kontrollorgans Aufsichtsrat kommt eine zentrale Rolle zu. Bei börsennotierten Unternehmen gewinnt die Auswahl und die Qualität eine besondere Bedeutung. Während bei Unternehmen, die im General oder Prime Standard gelistet sind, der Deutsche Corporate Governance Kodex bei konsequenter Anwendung für eine Qualitätskontrolle sorgt, spielen bei Unternehmen, die im Entry Standard gelistet sind, immer noch eher persönliche Motive der Altaktionäre eine Rolle. Es wäre daher gut, wenn sich auch diese Unternehmen konsequenter bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern an den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodexes orientieren würden und nicht alleine nur auf „große Namen“ oder auf persönliche Verbindungen achten.

Das deutsche Aktiengesetz gibt ein duales Führungssystem vor: Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener und gemeinsamer Verantwortung. Hingegen bestellt, überwacht und berät der Aufsichtsrat den Vorstand und ist zugleich in Entscheidungen, die für das Unternehmen von grundlegender Bedeutung sind, unmittelbar eingebunden. Bei Unternehmen mit mehr als 500 bzw. 2000 Arbeitnehmern im Inland stellen die Arbeitnehmer ein Drittel bzw. die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder. Die Vertreter der Anteilseigner werden von den Aktionären in der Hauptversammlung gewählt und zwar in der Regel für die Dauer von fünf Jahren.

Ein Aufsichtsratsmandat ist keine repräsentative Aufgabe, sondern eine Organfunktion, die auch bestimmte Haftungsfolgen einschließt. Entscheidend sind die Leistungsbeiträge seiner Mitglieder im Rahmen ihrer gesetzlichen Überwachungs- und Beratungsaufgaben. Die dazu zwingend notwendigen Voraussetzungen und Instrumente sind u. a. die persönliche Eignung der Aufsichtsratsmitglieder, ihre Fachkenntnisse, Zeit, Unabhängigkeit, Teamfähigkeit und Leistungsbereitschaft.

Das Aktiengesetz stellt keine Regeln bezüglich der Qualifikationen von Aufsichtsratsmitgliedern auf. Im Interesse der Aktionäre und der übrigen Stakeholder ist aber ein professionellbesetzter, unabhängiger und effizient arbeitender Aufsichtsrat unabdingbar. Hingegen enthält der Deutsche Corporate Governance Kodex anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Dies gilt auch für die Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern. So soll bei Vorschlägen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern darauf geachtet werden, dass dem Aufsichtsrat jederzeit Personen angehören, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen. Auch sollen bei Wahlvorschlägen die internationale Tätigkeit des betreffenden Unternehmens, mögliche Interessenkonflikte und eine festzusetzende Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder berücksichtigt werden. Auch sieht der Deutsche Corporate Governance Kodex vor, dass dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung ausreichende Zahl unabhängiger Mitglieder angehören soll. Als unabhängig wird ein Aufsichtsratsmitglied dann angesehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zur betreffenden Gesellschaft bzw. deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet. Ferner sollen dem Aufsichtsrat nicht mehr als zwei ehemalige Vorstandsmitglieder der Gesellschaft angehören. Darüber hinaus sollen Aufsichtsratsmitglieder keine Organfunktionen bzw. Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben. Der Deutsche Corporate Governance Kodex sieht auch vor, dass der Wechsel des bisherigen Vorstandsvorsitzenden oder eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsratsvorsitz bzw. den Vorsitz eines Aufsichtsratsausschusses nicht die Regel sein soll. Außerdem soll der Aufsichtsrat regelmäßig die Effizienz seiner Tätigkeit überprüfen.

Das zum 1. Januar 2009 in Kraft tretende Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) enthält neben bilanzrechtlichen Neuregelungen auch eine Reihe von Bestimmungen, die die Corporate Governance von auf den Kapitalmarkt ausgerichteten Unternehmen (ausgegebene Aktien und Schuldverschreibungen) betreffen. So ist vorgesehen, dass künftig ein Mitglied des Aufsichtsrats über besonderen Sachverstand in den Bereichen Rechnungslegung und Prüfungswesen verfügen muss.

Die Gewinnung von Aufsichtsratsmitgliedern erfolgt häufig noch über eine Ansprache von Personen aus dem unmittelbaren Umfeld des Unternehmens oder aufgrund von Empfehlungen von Geschäftsfreunden. Unter dem Gesichtspunkt der Qualität und Unabhängigkeit von geeigneten Personen werden aber zunehmend spezialisierte Dienstleister in die Rekrutierung eingeschaltet.

Letztlich geht es bei der Nominierung von Aufsichtsratskandidaten um die Bündelung unternehmerischer, ökonomischer, technischer und rechtlicher Kompetenzen in diesem Organ.

Seit Ende 2004 gibt es die „Europäische Gesellschaft“ (kurz: SE) als alternative Rechtsform für Aktiengesellschaften. Die Leitung bzw. Geschäftsführung einer SE kann entweder aus Vorstand und Aufsichtsrat bestehen oder ein Board of Directors (Verwaltungsrat) mit exekutiven und nicht exekutiven Managern sein.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verbesserung der Corporate Governance bietet die SE u. a. den Vorteil, den Aufsichtsrat zu verkleinern und damit den Bedürfnissen des Unternehmens anzupassen. Er muss bei einer SE nur aus mindestens drei Personen bestehen. Eine höhere Zahl muss durch drei und bei einer paritätischen Besetzung auch durch zwei teilbar sein.


Autor: Dr. Klaus Weigel
PDF: Besetzung des Aufsichtsrates

3.4. Satzungsgestaltung

Solange die Aktien einer Gesellschaft noch nicht börsennotiert sind, enthalten diese häufig Regelungen im Hinblick auf die Interessen eines überschaubaren Anteilseignerkreises. Derartige Satzungen enthalten im Allgemeinen Regelungen zu Übertragungsbeschränkungen von Anteilen, Vorkaufsrechten der anderen Anteilsinhaber und Einziehungsregelungen. Ferner sind gelegentlich Regelungen über sog. Vorzugsgeschäftsanteile zu finden, wonach bestimmte Anteile mit Dividenden-, Erlös- und/oder Stimmrechtsvorzügen ausgestattet sind. Derartige satzungsmäßige Sonderregelungen sind bei börsennotierten Gesellschaften, deren Aktien schnell den Inhaber wechseln können sollen, nicht sinnvoll und sind deshalb im Rahmen des Börsengangs der Gesellschaft im Einvernehmen mit den betroffenen Anteilsinhabern vollständig aufzuheben.

Die Satzung einer börsennotierten Gesellschaft sollte knapp und klar formuliert sein. Neben den Mindestangaben des § 23 Abs. 3 AktG sollte die Satzung einer börsennotierten Gesellschaft weitere Regelungen enthalten. Für börsennotierte Gesellschaften hat sich dabei ein gewisser Marktstandard herausgebildet, der einerseits der Gesellschaft die Flexibilität gibt, geschäftliche Chancen zu nutzen, andererseits die Rechte der Aktionäre hinreichend schützt. Typischerweise enthält die Satzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft die folgenden Regelungen:

1. Firma, Sitz und Geschäftsjahr

2. Gegenstand des Unternehmens

3. Bekanntmachungen (im elektronischen Bundesanzeiger)

4. Grundkapital, Einteilung des Grundkapitals undAktienart (Inhaber- oder Namensaktien)

5. Genehmigtes Kapital in Höhe von bis zu 50 % vom Grundkapital in der Regel mit Bezugsrechtsausschluss

  • Für Spitzenbeträge
  • Bei Kapitalerhöhungen gegen Bareinlagen bis zu 10 % vom Grundkapital, wenn der Börsenpreis nicht wesentlich unterschritten wird (§ 186 Abs. 3Satz 4 AktG) und
  • Bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen, wenn die Kapitalerhöhung 10 % vom Grundkapital nicht überschreitet,

6. Bedingtes Kapital in Höhe von bis zu 50 % vom Grundkapital für folgende Zwecke:

  • Zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten an Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen
  • Zur Vorbereitung von Unternehmenszusammenschlüssen
  • Zur Bedienung von Aktienoptionen für Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen (jedoch mind. 10 % vom Grundkapital)

7. Regelungen über den Vorstand, insbesondere:

  • Zusammensetzung, Beschlussfassung und Erlasseiner Geschäftsordnung
  • Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft

8. Regelungen über den Aufsichtsrat, insbesondere:

  • Zusammensetzung und Amtsdauer
  • Vorsitzender und Stellvertreter
  • Sitzungen des Aufsichtsrats und Beschlussfassungen
  • Erlass einer Geschäftsordnung
  • Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder

9. Regelungen über die Hauptversammlung

  • Ort und Einberufung
  • Teilnahmevoraussetzungen (zu beachten ist, dasses bei Inhaber- und Namensaktien aktienrechtlich unterschiedliche Teilnahmevoraussetzungen gibt)
  • Stimmrecht
  • Vorsitz der Hauptversammlung und Beschlussfassung

10. Feststellung des Jahresabschlusses und Gewinnverwendung


Autor: Dr. Christian Becker
PDF: Satzungsgestaltung (1,4 MB)

3.5. Rechte der Altgesellschafter

Grundsätzlich hat eine deutsche Aktiengesellschaft alle Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (§ 53a AktG). Die Einflussmöglichkeiten der neuen Aktionäre lassen sich bei einem IPO somit nicht ausschließen. Sie sollten aber nicht überbewertet werden. In der Regel erwarten die neuen Aktionäre gerade bei Gesellschaften, die durch einen Vorstand aus der Anteilseignerfamilie geleitet werden, dass dieser nicht in seinen Kompetenzen beschränkt wird. Für die Sicherung des vor dem IPO bestehenden Machtgefüges gibt es eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten.

1. Satzungsändernde Mehrheiten

Behalten die Altaktionäre im Rahmen eines Börsengangs der Gesellschaft mindesten drei Viertel des Grundkapitals, können sie nach der Regelung des § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG grundsätzlich alle Satzungsänderungen beschließen. Zudem ist es möglich für sogenannte „normale“ Hauptversammlungsbeschlüsse das Mehrheitserfordernis für satzungsändernde Beschlüsse von einer Dreiviertelmehrheit auf eine einfache Mehrheit herabzusetzen (vgl. § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG). Allerdings bedürfen besonders wichtige Satzungsänderungen wie z. B. Kapitalerhöhungen und sonstige Strukturmaßnahmen stets mindestens einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Eine einfache Stimmenmehrheit reicht für die Fassung diese Beschlüsse nicht aus.

Grundsätzlich ist es auch möglich, das Mehrheitserfordernis für Satzungsänderungen auf eine größere als eine Dreiviertelmehrheit anzuheben und so den Altgesellschaftern ein Veto-Recht für alle Satzungsänderungen einzuräumen.

2. Bezugsrechte der Altgesellschafter

Jeder Aktionär ist Inhaber seines gesetzlichen Bezugsrechts (§ 186 Abs. 1 AktG). Demnach kann er verlangen, dass ihm im Rahmen einer Kapitalerhöhung ein entsprechend seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt wird. Nur in Ausnahmefällen kann die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals einen Bezugsrechtsausschluss beschließen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Bezugsrechtsausschluss im Unternehmensinteresse liegt und es sich bei der konkreten Kapitalerhöhung um eine geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme der Unternehmensfinanzierung handelt. Wenn das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder teilweise ausgeschlossen worden ist, kann eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses auch darauf gestützt werden, dass der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag unangemessen niedrig ist (vgl. § 255 Abs. 2 AktG). Hat der Aktionär eine rechtliche Verwässerung aus vorrangigen Unternehmensinteressen hinzunehmen, soll er durch die Vorschrift des § 255 Abs. 2 AktG wenigstens vor einer wirtschaftlichen Verwässerung geschützt werden.

3. Einführung neuer Vorzugsaktien

Außer wenn die Gesellschaft Vorzugsaktien ausgegeben hat, stehen allen Aktionären die gleichen Dividenden-, Stimm- und Liquidationsrechte zu. Neue Vorzugsaktien, die gegenüber bisherigen Aktien erweiterte Rechte aufweisen, können nur geschaffen werden, wenn alle betroffenen Aktionäre der Einführung dieser neuen Aktiengattung zustimmen.

4. Informationsrechte des Aktionärs

Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG ergibt sich, dass alle Aktionäre die gleichen Informationsrechte hinsichtlich der Angelegenheiten der Gesellschaft haben. Dieses Auskunftsrecht kann der Aktionär grundsätzlich nur in der Hauptversammlung ausüben (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG). Hat die Gesellschaft einem Aktionär wegen seiner Aktionärseigenschaft eine Auskunft außerhalb der Hauptversammlung erteilt, kann auch jeder andere Aktionär verlangen, dass auch ihm diese Auskunft gegeben wird (vgl. § 131 Abs. 4 AktG).

5. Entsenderechte für bestimmte Aktionäre

Gemäß § 101 Abs. 2 Alt. 1 AktG ist es durch eine entsprechende Satzungsregelung möglich, für bestimmte Aktionäre ein Entsendungsrecht für Aufsichtsratsmitglieder zu begründen. Entsenderechte können allerdings höchstens für ein Drittel der gesetzlich oder satzungsmäßig geforderten Anzahl an Aufsichtsratsmitgliedern eingeräumt werden. Bei einer börsennotierten Gesellschaft sind derartige Entsenderechte nicht mit den Aktien auf einen Erwerber übertragbar, sondern erlöschen mit der Übertragung sämtlicher Aktien des entsendeberechtigten Aktionärs.


Autor: Dr. Christian Becker
PDF: Rechte der Altgesellschafter

3.6. Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat und Vorstand

Börsennotierte Gesellschaften geben sich regelmäßig für die innere Ordnung des Aufsichtsrats und des Vorstands und um die Corporate Governance der Gesellschaft im Hinblick auf diese Organe klar zu regeln Geschäftsordnungen für diese Organe. Diese Geschäftsordnungen erlässt im Allgemeinen der Aufsichtsrat durch einen Beschluss des Gesamtaufsichtsrats.

Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft überwacht und berät den Vorstand. Er ist insbesondere in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen einzubinden und legt die Geschäfte fest, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen (vgl. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG). In aller Regel gibt sich der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft eine Geschäftsordnung. Dies fordert auch Ziff. 5.1.3 des Deutschen Corporate Governance Kodexes.

Die Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften enthält im Allgemeinen folgende Regelungen:

  1. Aufgaben des Aufsichtsrats
  2. Aufgaben und Rechte des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters
  3. Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden
  4. Einberufung und Abhaltung von Sitzungen
  5. Fassung von Aufsichtsratsbeschlüssen innerhalb und außerhalb von Aufsichtsratssitzungen
  6. Abschlussprüfung
  7. Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern
  8. Interessenkonflikte und Nebentätigkeiten von Aufsichtsratsmitgliedern
  9. Vertraulicher Umgang mit Geschäftsgeheimnissen

Geschäftsordnung für den Vorstand

Auch die Geschäftsordnung für den Vorstand soll die innere Organisation des Vorstands regeln, insbesondere die Vorbereitung, Einberufung und Abhaltung von Vorstandssitzungen sowie von Beschlussfassungen des Vorstands. Geschäftsordnungen für den Vorstand börennotierter Gesellschaften haben insbesondere Regelungen zu den folgenden Bereichen.

  1. Geschäftsführung, insbesondere Zuständigkeiten des Gesamtvorstands und Geschäftsverteilung (Ressortzuständigkeit)
  2. Aufgaben und Rechte des Vorstandsvorsitzenden bzw. des Vorstandssprechers
  3. Entscheidungskompetenz des Gesamtvorstands
  4. Einberufung von Vorstandssitzungen und Beschlussfassungen des Vorstands
  5. Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat; insbesondere regelmäßige und außerordentliche Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat
  6. Interessenkonflikte
  7. Katalog der Rechtsgeschäfte, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Hierzu gehören beispielhaft die folgenden Regelungskomplexe, wobei abhängig von der Unternehmensgröße, die Volumina zu regeln sind, ab denen der Aufsichtsrat in die Entscheidung mit einzubeziehen ist:
  • Aufnahme neuer Geschäftsbereiche
  • Verabschiedung des Budgetsund der Unternehmensplanung
  • Abschluss wesentlicher Unternehmenstransaktionen
  • Abschluss, Aufhebung und Änderung von Unternehmensverträgen
  • Strukturmaßnahmen
  • Rechtsgeschäfte und Maßnahmen, welche Änderungen im Hinblick auf die Zulassung der Aktien der Gesellschaft an einer Wertpapierbörse zum Gegenstand haben
  • Erwerb, Belastung und Veräußerung von Grundstücken
  • Investitionen ab einer bestimmten Größenordnung, soweit diese nicht bereits im Jahresbudget enthalten sind
  • Abschluss bzw. Kündigung wesentlicher Finanzierungsverträge
  • Erteilung und Widerruf von Prokuren
  • Ausgabe von Schuldverschreibungen
  • Kreditgewährung an Mitglieder des Vorstands, Aufsichtsrats und ihrer Angehörigen

Autor: Dr. Christian Becker
PDF: Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat und Vorstand

3.7. Management- und Mitarbeiterbeteiligungen

Die Ausgestaltung von Management- und Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen ist sehr vielschichtig. Für die praktische Anwendung steht eine Reihe von unterschiedlichen Möglichkeiten zur Verfügung. Hierbei gibt es eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen eigenkapital- und erfolgsorientierten und fremdkapitalbasierten Beteiligungsmodellen. Allen Modellen gemeinsam ist eine gewünschte positive Auswirkung auf die Motivation des Managements und der Mitarbeiter. Allerdings müssen sich die Modelle auch in ihrem Ergebnis für die Beteiligten positiv auswirken. Mögliche Optionen auf eine Beteiligung am Unternehmenserfolg des börsennotierten Unternehmens, die sich nicht realisieren lassen, sind eher kontraproduktiv. Daher ist es umso wichtiger, jedes Programm auf den konkreten Einzelfall abzustellen.

Kapitalbeteiligung des Managements und der Mitarbeiter

Für Manager, die an der Spitze der 30 größten deutschen börsennotierten Konzerne stehen, sind Aktienoptionsprogramme seit Langem üblich. Demgegenüber hat die Beteiligung von Mitarbeitern an ihrem arbeitgebenden Unternehmen – seit dem Ende des Neuen Marktes – sowohl bei den Unternehmen des Prime Standard als auch des Entry Standard keinen großen Stellenwert, trotz der steigenden Zahl von Neuemissionen in den letzten vier Jahren.

Bei Beteiligungsmodellen für Manager und Mitarbeiter in Form von Aktienoptionsprogrammen handelt es sich grundsätzlich um eine freiwillige Leistung des Unternehmens, mit der unterschiedliche Zielsetzungen erreicht werden sollen:

  • Identifikation der Belegschaft mit dem Unternehmen
  • Schaffung eines Anreizes für eine erfolgsorientierteLeistung, durch die eine Erhöhung der Produktivitätdes Unternehmens angestrebt wird
  • Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber iminternationalen Wettbewerb um qualifiziertes Personal
  • Stärkere Bindung der vorhandenen Mitarbeiter andas Unternehmen
  • Chance für Mitarbeiter, Kapitalvermögen als einezusätzliche Alterssicherung aufzubauen

Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, insbesondere Aktienoptionsprogramme, sind nicht unumstritten, da eine motivierende Wirkung auf die Mitarbeiter ausbleibt, wenn sie nicht ausgeübt werden können. In Bezug auf das Management können diese auch dazu führen, dass gute Nachrichten publiziert und schlechte Nachrichten zurückgehalten werden. Dies macht deutlich, dass Aktienoptionsprogramme in der Praxis sehr sensibel gehandhabt werden müssen.

Formen von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen

Es lassen sich drei Formen von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen mit unterschiedlichen Ausprägungen unterscheiden (Abbildung: Mitarbeiterkapitalbeteiligungsmodell, S. 100): eigenkapitalorientierte, erfolgsorientierte und fremdkapitalbasierte Beteiligungsmodelle.

  • Eigenkapitalorientierte Beteiligungsmodelle

Für börsennotierte Unternehmen stehen drei Formen eigenkapitalorientierter Beteiligungsmodelle zur Verfügung, wobei die Art und Weise der Übertragung von Anteilen an einer Aktiengesellschaft deutlich einfacher und problemloser möglich ist als bei einer GmbH. Die an der Börse eingeführte Aktie besitzt ein Höchstmaß an Fungibilität. Sie kann von den Anteilseignern jederzeit veräußert werden. Diese Fungibilität kann durch die Emission von vinkulierten Namensaktien eingeschränkt werden.

Direkte Beteiligungen

Im Vorfeld eines IPOs besteht zunächst die Möglichkeit, dem Management eine Pre-IPO-Beteiligung an dem Unternehmen anzubieten. Hierbei erwirbt das Management die Aktie grundsätzlich wie jeder andere potentielle Erwerber; so im Wege einer Kapitalerhöhung oder durch den Kauf von den bisherigen Aktionären. Entscheidend ist, dass das Management für den Erwerb der Aktien eine Einlage leistet. Diese Einlage wird typischerweise niedriger bemessen sein als der Börseneinführungspreis der Aktie, wobei sich eine größere Differenz umso mehr rechtfertigen lässt, wenn die Beteiligung zu einem Zeitpunkt deutlich vor der Börseneinführung stattfindet. Eine Lock-up-Verpflichtung (Veräußerungssperre) ist in jedem Fall ein Muss. Der Zeitraum der Lock-up-Verpflichtung wird dabei in der praktischen Gestaltung zwischen sechs Monaten und zwei Jahren variieren.

Auch für die Zeit nach dem Börsengang kann mit dem Management ein Bezugsrecht von Aktien der Altaktionäre oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu einem Preis unter dem Emissionskurs als Anreiz vereinbart werden.

Aufgrund des Kapitaleinsatzes ist die Managementbeteiligung mit dem Risiko eines Vermögensverlustes verbunden. Diese Risikoübernahme wird vom Kapitalmarkt bei einem IPO des Unternehmens positiv bewertet, da hierdurch eine an den Zielen der Aktionäre ausgerichtete Verhaltensorientierung gewährleistet ist (sog. Anreizkompatibilität).

Über die Ausgabe von Belegschaftsaktien erhalten Mitarbeiter die Möglichkeit, zu günstigen Konditionen Aktien des Unternehmens zu erwerben. Die Verwendung der Aktien unterliegt meist verschiedenen Beschränkungen. Der infolge von Vorzugskonditionen niedrigere Erlös aus dem Verkauf der Belegschaftsaktien wird durch geringere Platzierungskosten (Werbung, Roadshows etc.) teilweise kompensiert. Allerdings gehen die Mitarbeiter beim Erwerb von Belegschaftsaktien ein (Kurs-)Risiko ein, das den gesamten investierten Betrag erfasst.

Für eine Beteiligung von Management und Mitarbeitern an der Wertentwicklung des Unternehmens stehen drei Arten von Aktienoptionsprogrammen mit jeweils unterschiedlichen Ausgestaltungsformen zur Verfügung, die sich im Wesentlichen darin unterscheiden, ob den Begünstigten eine Beteiligungsmöglichkeit am Unternehmen (echte Aktienoptionen, Wandelschuldverschreibung) oder nur eine zusätzliche Vergütung (virtuelle Beteiligung) eingeräumt wird.

Aktienoptionen – Eckpunkte von Aktienoptionsprogrammen

Die Ausgestaltung der Parameter eines Aktienoptionsprogramms erfolgt für die Mitarbeiter durch den Vorstand und, sofern dieser selber Begünstigter ist, durch den Aufsichtsrat. Die Parameter des Aktienoptionsprogramms werden in einer Optionsvereinbarung dokumentiert und betreffen im Einzelnen folgende Aspekte:

  • Teilnahmeberechtigung (Vorstand, ausgewählte Führungskräfte, alleMitarbeiter)
  • Umfang des Aktienoptionsprogramms (Anzahl der bereitzustellenden Aktien; üblicherweise4 % bis 8 % des Grundkapitals)
  • Anzahl Optionen je Teilnahmeberechtigter
  • Sperrfrist für die Optionsausübung (z. B. gestaffelte Sperrfrist: 40 % nach zwei Jahren,40 % nach drei Jahren und 20 % nach vier Jahren)
  • Ausübungspreis (z. B. Aktienkurs im Zeitpunkt der Optionsgewährungoder der Emissionskurs)
  • Repricing (Neufestsetzung des Ausübungspreises und/oderder Erfolgsziele bei einer anhaltenden negativenBörsenentwicklung; alternativ: Ausgabe neuer Aktienoptionen)
  • Ausübungszeitraum (z. B. 20 Börsenhandelstage nach der ordentlichenHauptversammlung des Unternehmens)
  • Laufzeit des Programms (z. B. fünf Jahre)
  • Erfolgsziele(teilweise aktienrechtlich verpflichtend; es können mehrere miteinander kombiniert werden; Beispiele: Aktienkurs, Unternehmenskennzahlen)
  • Dauer der Optionsberechtigung(z. B. Kopplung an das ungekündigte Arbeitsverhältnis)

Die einzelnen Parameter gelten grundsätzlich für alle Formen von Aktienoptionsprogrammen.

Echte Aktienoptionen

Stock Options (Aktienoptionen) sind in der Praxis die bevorzugte Form der Managementbeteiligung und gewähren dem Begünstigten das Recht, nach Ablauf einer bestimmten Sperrfrist und bei Eintritt zuvor festgelegter Erfolgsziele eine bestimmte Anzahl von Aktien innerhalb eines festgelegten Ausübungszeitraums zu einem im vorhinein festgelegten Bezugspreis vom Unternehmen zu erwerben. Die Ausübung der Aktienoption durch den Begünstigten – sog. Call-Option – wird in der Regel nur dann erfolgen, wenn für diesen dadurch ein wirtschaftlicher Vorteil entsteht, d. h., die Aktien des Unternehmens können über die Optionen günstiger erworben werden als bei einem Kauf über die Börse.

Zielsetzung eines Matching Stock Programm (MSP) ist es, das Management eines Unternehmens am Wertzuwachs der Aktien der Gesellschaft durch den Erwerb von Aktien zu beteiligen. Bei diesem aktienbasierten Vergütungsmodell erhält das Management die Gelegenheit, für einen Teil der jährlichen Bonuszahlungen Aktien des Unternehmens zum Börsenkurs – nach Ablauf einer Sperrfrist – zu erwerben.

Virtuelle Beteiligungen

Anstatt echte Aktienoptionen auszugeben, besteht die Möglichkeit, anhand von Phantom Stocks die Auszahlung echter Aktienoptionen nachzubilden. Hierbei werden den Begünstigten fiktive Aktien zugeteilt, die keine Aktionärsrechte begründen. Die Begünstigten solcher Phantom Stocks nehmen an den jährlichen Dividendenzahlungen für die reellen Aktien teil. Im Falle eines Verkaufs vergütet das Unternehmen den aktuellen Aktienkurs abzüglich des Bezugspreises in Geld.

Bei so gennannten Stock Appreciation Rights (Wertsteigerungsrechte) erhalten die Begünstigten virtuelle Optionen, bei deren Ausübung der sofortige Verkauf der fiktiven Aktien unterstellt wird. Diese Optionen sind nicht dem Recht auf Lieferung von Aktien, sondern mit dem Recht auf Auszahlung der Differenz zwischen Basispreis und aktuellem Marktpreis zum Zeitpunkt der Ausübung ausgestattet.

Nachteilig bei den virtuellen Beteiligungsformen ist, dass das Unternehmen liquiditätsmäßig belastet wird, während bei den echten Aktienoptionsprogrammen das Eigenkapital verstärkt wird. Allerdings kommt es hierbei zu keiner Verwässerung der Anteile der übrigen Aktionäre.

Wandelschuldverschreibungen

Eine weitere Alternative für die Beteiligung von Management und Mitarbeitern stellt die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen dar, die bis zur Änderung des § 192 Abs. 2 AktG durch das KonTraG häufig zur Anwendung gekommen ist.

Bei einer Wandelschuldverschreibung gewährt der Begünstigte (Management, Mitarbeiter) dem Unternehmen für eine bestimmte Laufzeit einen Kredit in Form einer Anleihe. Neben dem Anspruch auf Rückzahlung und Verzinsung besteht zusätzlich – während eines bestimmten Zeitraums/Zeitpunkt in der Zukunft zu einem im Voraus festgelegten Verhältnis – ein Umtauschrecht der Anleihe in Aktien.

Herkunft der Aktien

Die Auflegung von echten Aktienoptionsprogrammen erfordert die Bereitstellung der zur Bedienung im Ausübungsfall erforderlichen Aktien durch das Unternehmen als Anspruchsschuldner bzw. Stillhalter der Option. Hierfür stehen nach dem Aktiengesetz drei Varianten zur Verfügung (Abbildung: Aktienoptionen, S. 101).

Es empfiehlt sich, das erste Stock Option Programm im Zuge des Börsengangs aufzulegen und die dafür notwendigen Beschlüsse und Zustimmungen vorzubereiten und einzuholen.

Genehmigtes Kapital

Die Lieferverpflichtung aus einem Aktienoptionsprogramm kann über ein genehmigtes Kapital nach § 202 ff. AktG durch die Hauptversammlung (Drei- Viertel-Mehrheit) abgesichert werden. Nachteilig bei dieser Variante ist, dass die Ermächtigung des Vorstands, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Aktien auszugeben, auf fünf Jahre beschränkt ist. Das Bezugsrecht der Altaktionäre ist nicht ausgeschlossen. Die Sperrfrist für die Ausübung der Aktienoptionen kann vom Unternehmen frei gewählt werden.

Bedingtes Kapital

Bei der Variante der bedingten Kapitalerhöhung wird der Vorstand des Unternehmens von der
Hauptversammlung (Dreiviertelmehrheit) ermächtigt,
das Eigenkapital der Unternehmung durch die Ausgabe neuer Aktien zum Zwecke der Gewährung von Bezugsrechten an Mitarbeiter und Mitglieder der Geschäftsführung und verbundener Unternehmen zu erhöhen (§ 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG). Das Bezugsrecht der Altaktionäre ist per se ausgeschlossen. Der Hauptversammlungsbeschluss muss den Erfordernissen des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG genügen. Das bedingte Kapital steht zeitlich unbegrenzt zur Verfügung. Allerdings ist die Höhe des bedingten Kapitals für die Ausgabe von Stock Options auf 10 % des Grundkapitals begrenzt. Die Aktienoptionen sind für mindestens zwei Jahre für die Ausübung gesperrt. In der Praxis entscheidet sich der überwiegende Teil der Unternehmen zur Bedienung von Stock Options für die Variante der bedingten Kapitalerhöhung, da für diese nicht wie beim genehmigten Kapital eine Fünfjahresfrist besteht.

Rückkauf eigener Aktien

Die Aktien für das Aktienoptionsprogramm können auch durch das Instrument des Rückkaufs eigener Aktien (§ 71 AktG) beschafft werden, sofern diese an Management und Mitarbeiter des Unternehmens oder verbundenen Gesellschaften übertragen werden sollen. Während die Ermächtigung zum Rückkauf eigener Aktien durch die Hauptversammlung der einfachen Mehrheit des vertretenen Grundkapitals genügt, bedarf der Beschluss für die Bedienung von Bezugsrechten aus Aktienoptionen mit diesen Aktien einer Dreiviertelmehrheit des auf der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals. Die Ermächtigung ist auf 18 Monate und 10 % des Grundkapitals begrenzt. An dem Hauptversammlungsbeschluss werden die gleichen Erfordernisse geknüpft wie bei der bedingten Kapitalerhöhung.

  • Erfolgsorientierte Beteiligungsmodelle

Bei den erfolgsorientierten Beteiligungsmodellen erhalten das Management und die Mitarbeiter neben dem vertraglich vereinbarten Entgelt eine vom Unternehmenserfolg abhängige variable Zusatzvergütung. Als Bezugsgrößen kommen – unabhängig von der Unternehmensrechtsform – verschiedene Steuerungsgrößen in Betracht, die eine positive Korrelation zur Unternehmensentwicklung aufweisen. In der Praxis kommen z. B. der Umsatz auf Basis einer persönlichen Zielvereinbarung, der absolute Gewinn des Unternehmens sowie verschiedene wertorientierte Unternehmenskennzahlen (ROI, ROE, ROCE, CFROI, EVA, DCF) zur Anwendung.

Für börsennotierte Unternehmen kann als Bezugsgröße auch die Aktienkursentwicklung herangezogen werden:

  • Fremdkapitalbasierte Beteiligungsmodelle

Fremdkapitalbasierte Beteiligungsmodelle sind weitestgehend rechtsformunabhängig anwendbar. Die mit einem IPO verbundenen spezifischen Motivationsvorteile werden von diesen nicht gänzlich realisiert.

Bei einem Mitarbeiterdarlehen gewähren Mitarbeiter des arbeitgebenden Unternehmens diesem ein Darlehen und erhalten als Gegenleistung einen fest vereinbarten oder vom Gewinn abhängigen Zinsanspruch. Lediglich bei der Vereinbarung eines gewinnabhängigen Vergütungsanspruchs profitiert der Mitarbeiter von einer guten Ertragslage des Unternehmens. Insofern geht einzig von dieser Variante des Mitarbeiterdarlehens eine Anreiz auslösende Wirkung auf den Mitarbeiter aus. Mitarbeiterdarlehen sind in der Regel zinsgünstiger als bankübliche Darlehen. Zu berücksichtigen ist, dass junge Mitarbeiter häufig am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen und über kein wesentliches Vermögen verfügen.

Gegenüber einem Mitarbeiterdarlehen verfügt der still Beteiligte über gesetzlich vorgesehene Kontrollrechte. Im Falle einer atypischen Beteiligung trägt der Mitarbeiter neben der Mitunternehmerinitiative auch ein Mitunternehmerrisiko, von dem seine gesamte Beteiligung erfasst wird.

Die Anwendbarkeit beider Modelle ist in der Praxis auf Unternehmen beschränkt, bei denen es um die Bindung einzelner (leitender) Mitarbeiter geht. Hinzu kommt, dass sich etwaige Vorzüge nur schwer vermitteln lassen.

Der Genussschein stellt schuldrechtlich ein Kapitalüberlassungsverhältnis zwischen dem Mitarbeiter auf der einen Seite und dem Unternehmen auf der anderen Seite dar. Es handelt sich um ein Wertpapier, mit dem sogenannte Genussrechte verbrieft sind, die üblicherweise nur Eigentümern zustehen, wie z. B. einem Anteil am Gewinn, am Liquidationserlös oder ein Anspruch auf die Gewährung von Bezugsrechten. Gleichwohl gewähren Genussrechte keine Stimmrechte. Sie können an der Börse gehandelt werden und zeichnen sich durch eine große Gestaltungsbreite aus (Strukturierung als Eigen- oder Fremdkapital möglich). Die Ausgabe von Genussscheinen ist nicht auf börsenfähige Unternehmen beschränkt, so dass diese grundsätzlich auch Mittelständlern als Finanzierungsinstrument zur Verfügung stehen.


Autor: Günter Kaehlert
PDF: Management- und Mitarbeiterbeteiligungen (1,4 MB)

3.8. IPO und Rechnungslegung

Zwischen der Rechnungslegung nach HGB und nach IFRS bestehen zurzeit noch erhebliche Unterschiede. Eine erste Angleichung der Vorschriften wird das Bilanzmodernisierungsgesetz bringen. Grundsätzlich erfolgt die Rechnungslegung nach HGB gläubigerschutzorientiert, die IFRS-Rechnungslegung hingegen investorenorientiert. Insofern wird die Rechnungslegung nach IFRS den Informationsanforderungen der Aktionäre beim IPO eher gerecht.

Grundlegende Unterschiede IFRS vs. HGB

Die Rechnungslegung nach HGB erfolgt grundsätzlich gläubigerschutzorientiert und ist durch das Vorsichtsprinzip dominiert. Dies wird z. B. auch daran deutlich, dass das HGB die historischen Anschaffungskosten aus Gründen der Objektivierung der Rechnungslegung als Obergrenze des Wertansatzes definiert.

Die IFRS-Rechnungslegung hingegen ist investorenorientiert und verfolgt den Zweck, Informationen über die Vermögens und Finanzlage, die Ertragskraft und die Cashflows eines Unternehmens bereitzustellen. In der IFRS-Bilanz soll das Vermögen grundsätzlich vollständig ausgewiesen werden.

Allerdings deutet sich hier ein möglicher Paradigmenwechsel durch die Einführung des Bilanzmodernisierungsgesetzes an. Grundsätzliche Ziele des BilMoG-Gesetzes sind, das HGB von Wahlrechten zu entschlacken und eine Annäherung an IFRS-Normen zu erzielen. Inwieweit dieses Ziel erreicht wird, bleibt abzuwarten. Alle weiteren Ausführungen beziehen sich auf HGB vor möglicher Änderung durch das BilMoG.

So sind nach IFRS z. B. selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte zu aktivieren, während dies nach HGB (vor BilMoG) strikt verboten ist.

Auch lösen sich die IFRS von den historischen Anschaffungskosten und erlauben bzw. verlangen den Ansatz von Martkwerten (Fair Value). Die Fair-Value- Bewertung der IFRS hat nicht nur einen starken Einfluss auf die Periodenergebnisse, sondern verursacht auch ergebnisneutrale Schwankungen des Eigenkapitals, z. B. durch ergebnisneutrale Marktbewertung von Available-for-Sale-Wertpapieren.

Bestandteile eines IFRS-Abschlusses sind:

  • Bilanz
  • GuV
  • Eigenkapitalveränderungsrechnung
  • Kapitalflussrechnung
  • Anhang
  • Lagebericht (§ 315 HGB verpflichtend, obwohlkeine IFRS-Vorschrift)
  • Kennzahlen des Ergebnisses je Aktie (börsennotierteUnternehmen)
  • Segmentberichterstattung (börsennotierte Unternehmen)

Eine Umstellung der Rechnungslegung von HGB auf IFRS hat retrospektiv zu erfolgen, d. h. als ob das Unternehmen schon immer die zum Abschlussstichtag geltenden IFRS angewandt hätte.

Die Rechnungslegung nach IFRS ist deutlich komplexer und erfordert deutlich mehr Ressourcen und stellt eine Herausforderung sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Art dar.

Im Folgenden werden signifikante Unterschiede der Rechnungslegungsmethoden kurz dargestellt:

Eigenkapital

Eigenkapitalerhöhungen können im Rahmen von Barkapitalerhöhungen durch einen Börsengang (IPO) erfolgen. Eigenmittelzuflüsse im Rahmen von Bar- oder Sachkapitalerhöhungen führen zu einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals (Common Stock) in Höhe des Nennwerts der ausgegebenen Aktien. Soweit der Ausgabepreis den Nennwert übersteigt, wird dieses Agio der Kapitalrücklage (Additional paid in Capital) zugeführt. Dies entspricht den handelsrechtlichen Grundsätzen. Die mit der Ausgabe von Eigenkapital direkt verbundenen Kosten sind gemäß IAS 32.37 nicht als Aufwand in der GuV zu berücksichtigen, sondern unmittelbar vom zugegangenen Eigenkapital zu kürzen. Sind die Eigenkapitalbeschaffungskosten steuerlich abziehbar, vermindert sich der Kürzungsbetrag entsprechend, d. h. es erfolgt eine Nettokürzung der Kapitalrücklage. Interne Kosten sind jedoch grundsätzlich von der Verrechnung ausgeschlossen. Eine Besonderheit stellt die bilanzielle Behandlung der steuerlichen Auswirkungen dieser Kosten dar. Das deutsche Steuerrecht sieht eine Abzugsfähigkeit dieser Kosten vor. Der aus dem ertragsteuerlichen Abzug dieser Kosten resultierende steuerliche Vorteil ist ebenso mit dem Zufluss im Eigenkapital zu verrechnen.

IAS 32.37

Einem Unternehmen entstehen bei der Ausgabe oder beim Erwerb eigener Eigenkapitalinstrumente in der Regel verschiedene Kosten. Hierzu zählen beispielsweise Register- und andere behördliche Gebühren, an Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer und andere professionelle Berater entrichtete Beträge, Druckkosten und Börsenumsatzsteuern. Die Transaktionskosten einer Eigenkapitaltransaktion sind als Abzug vom Eigenkapital (gemindert um alle damit verbundenen Ertragssteuervorteile) zu bilanzieren, soweit es sich um zusätzliche, der Eigenkapitaltransaktion direkt zurechenbare Kosten handelt, die andernfalls vermieden worden wären. Die Kosten einer eingestellten Eigenkapitaltransaktion sind als Aufwand zu erfassen.

Hinweis:
Managementvergütungen oder sonstige allgemeine Verwaltungsaufwendungen können nicht aktiviert werden, da sie keine zusätzlichen, der Eigenkapitaltransaktion direkt zurechenbaren Kosten darstellen.

Nach HGB dürfen IPO Kosten nicht von der Kapitalrücklage gekürzt werden und sind vollständig im Aufwand zu erfassen.

Firmenwert/Goodwill

  • Der Firmenwert/Goodwill aus einem Unternehmenszusammenschlussist der Mehrwert, den der Erwerber in der Erwartung künftiger Gewinne über die erworbenen und identifizierbarenVermögenswerte abzüglich der Schulden hinausvergütet.
  • Nach HGB (vor BilMoG) erfolgt in der Regel eine planmäßige Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes über eine festgelegte Nutzungsdauer(i. d. R. 20 Jahre). Allerdings lässt das HGBvor BilMoG auch noch erfolgsneutrale Verrechnungen zu.
  • Nach IFRS ist der erworbene Goodwill mit seinem ursprünglichen Wertansatz zu bilanzieren, bisein nach IAS 36 mindestens einmal im Jahr durchgeführter Werthaltigkeitstest (ImpairmentTest) die Notwendigkeit einer Wertberichtigungaufzeigt. Durch den Wegfall der planmäßigenAbschreibung des Goodwill tritt für Unternehmenzunächst ein positiver Ergebniseffekt ein. In wirtschaftlich schlechteren Zeiten steigt allerdings auch die Gefahr eines Werthaltigkeitsproblems,was eine außerplanmäßige Abschreibung zur Folge haben kann. Eine solche Abschreibung kann inden Folgejahren auch bei deutlicher Ergebnisverbesserung nicht mehr aufgeholt werden.

Latente Steuern

  • Latente Steuern dienen der zutreffenden Erfassung zukünftiger Steuerbe- und entlastungen. Eine Steuerlatenz besteht nach Maßgabe der Differenz zwischen IFRS und Steuerbilanzansatz eines Vermögenswerts oder Schuld.
  • Grundsätzlich erfolgt ein unterschiedlicher Ansatzbei der Ermittlung latenter Steuern zwischen HGB und IFRS:
  • Dem HGB liegt das sogenannte Timing Concept,d. h. eine GuV-orientierte Betrachtung zugrunde.
  • Die IFRS ermitteln latente Steuern nach demTemporary Concept, d. h. einer bilanzorientierten Betrachtung. Der materielle Unterschied liegt darin, dass nach der IFRS-Rechnungslegungsphilosophie Änderungen von Bilanzposten zwischen zwei Stichtagen (Vermögensvergleich) entweder erfolgswirksam über die GuV oder ergebnisneutral direkt im Eigenkapital verbucht werden. Nachdem Temporary Concept sind die erfolgsneutral entstandenen Abweichungen zwischen den steuerlichen Buchwerten und IFRS-Buchwerten der Steuerlatenzrechnung zu unterwerfen.
  • Nach HGB besteht noch ein Aktivierungswahlrecht für latente Steuern (wird durch das BilMoG wahrscheinlich geändert), während nach IFRS eine Aktivierungspflicht besteht.

Anhang/Notes

  • Im Vergleich zum HGB sind die Anhangangabennach IFRS detaillierter und in der Regel mitwesentlich höherem Aufwand zu erstellen.
  • Der Anhang gliedert sich nach IFRS schwerpunktmäßigin folgende Bereiche:
  • Allgemeine Angaben (u. a. Übereinstimmung mit IFRS)
  • Angaben zu Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden
  • Angaben zur Ausübung des Ermessens
  • In der Praxis haben die Notes nach IFRS selbst bei kleinen Gesellschaften oftmals einen Umfang von mehr als 50 Seiten.

Autor: Michael Oppermann
PDF: IPO und Rechnungslegung