Die Ermittlung eines marktgerechten Emissionspreises stellt eine der bedeutendsten Aufgaben im Rahmen eines Börsenganges dar. Die Höhe der Preisspanne und der finale Emissionspreis haben einen wesentlichen Einfluss auf die Platzierbarkeit und den unmittelbaren sowie langfristigen Erfolg eines Börsenganges. Die Schwierigkeit der marktgerechten Festlegung des Emissionspreises wurde in den letzten Jahren weltweit, vor allem in euphorischen Marktphasen, sichtbar. So betrug im Zeitraum 1990 bis 2004 das durchschnittliche Underpricing pro Neuemission in den USA 20,36 % und in Deutschland 37,42 %.
Als Under-/Overpricing wird die Differenz zwischen dem Schlusskurs des ersten Handelstags einer Neuemission zu ihrem Ausgabepreis bezeichnet. Für die Investoren stellt das Underpricing einen Zeichnungsgewinn, für das Unternehmen und die Altaktionäre jedoch – insbesondere bei signifikanten Underpricing von über 10 % – das Nichtausschöpfen des maximal möglichen Emissionserlöses („money left on the table“) dar. Die Preisfindung findet letztlich immer im Dialog zwischen Investoren, den betreuenden Banken, den Altaktionären und dem Emittenten statt.
Überblick der praxisrelevanten Bewertungsmethoden
Es werden hier nur die Bewertungsverfahren dargestellt, die sich in der Praxis etabliert haben und vom Kapitalmarkt und den Investoren angewandt und akzeptiert werden.
Discounted-Cashflow-Methode (DCF)
Die Discounted-Cashflow-Methode ist die dominierende zukunftserfolgsorientierte Bewertungsmethode im Rahmen der Preisfestlegung bei Börsengängen. Neben der DCF-Methode besitzt auch die Ertragswertmethode praktische Relevanz, wird aber im Rahmen der Bewertung von Börsenkandidaten kaum verwendet.
Bei dem DCF-Ansatz wird der heutige Unternehmenswert durch Diskontierung der periodenspezifischen zukünftigen Cashflows ermittelt. Dabei wird bei der Equity-Methode der Eigenkapitalwert des Unternehmens durch Diskontierung der den Eigenkapitalgeber zustehenden Cashflows ermittelt. Bei der Entity-Methode wird der Unternehmensgesamtwert durch Abzinsung der erwarteten Cashflows des zu bewerteten Unternehmens bestimmt. Bei der Entity-Methode bestehen drei gängige Varianten: der Ansatz der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC-Ansatz), der Total-Cashflow-Ansatz (TCF-Ansatz) sowie der Adjusted-Present-Value- Ansatz (APV-Ansatz).
Im Folgenden wird der Ansatz der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC-Ansatz) detailliert erläutert, da dieser in der Praxis das gängigste Konzept darstellt.
Konzept der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC -Ansatz)
Bei der Anwendung des WACC-Ansatzes werden die zukünftigen Free Cashflows mit den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten abdiskontiert. Verfügt das zu bewertende Unternehmen über nicht betriebsnotwendiges Vermögen, wird dieses aufaddiert, um zu dem Unternehmensgesamtwert zu gelangen. Im nächsten Schritt ist der Marktwert des Nettofremdkapitals (Saldo des verzinslichen Fremdkapitals und der flüssigen Mittel) abzuziehen, um den Marktwert des Eigenkapitals zu ermitteln:
Die indirekte Ableitung des Free Cashflows aus dem Jahresabschluss ergibt sich wie folgt:
= Jahresüberschuss
+ Zinsen und ähnliche Aufwendungen
+/- Abschreibungen/Zuschreibungen
+/- Zuführung/Auflösung Rückstellungen
-/+ Zunahme/Abnahme des Working Capitals
-/+ Zunahme/Abnahme aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten
+/- Zunahme/Abnahme passivischer Rechnungsabgrenzungsposten
– Investitionen in immaterielle Vermögensgegenstände
– Investitionen in das Sachanlagevermögen
= Operativer Einzahlungsüberschuss (Free Cashflow)
Der Free Cashflow stellt den aus den laufenden erfolgswirksamen geschäftlichen Aktivitäten resultierenden finanziellen Überschuss eines Unternehmens dar.
Ausgangsbasis für die Ermittlung der zukünftigen Free Cashflows sind detaillierte Planungsrechnungen für die nachfolgenden fünf bis acht Jahre, bestehend aus GuV-Rechnungen, Bilanzen und Kapitalflussrechnungen sowie im Anschluss an die detaillierte Planungsphase der Übergang in eine beständige Unternehmensphase – die ewige Rente. In dieser Phase wird kein weiteres oder ein beständiges Wachstum (z. B. Wachstum des Bruttoinlandproduktes) bei konstant bleibenden Profitabilitätsmargen angenommen.
Als Diskontierungsfaktor werden die gewogenen Kapitalkosten des Unternehmens herangezogen (die Summe aus den gewichteten Eigen- und Fremdkapitalkosten).
mit:
rE Eigenkapitalkosten
E Marktwert des Eigenkapitals
V Unternehmensgesamtwert
rD Fremdkapitalkosten
T Steuerquote
D Marktwert des Fremdkapitals
Die Eigenkapitalkosten, die in der Regel über das Capital Asset Pricing Model (CAPM) bestimmt werden, berechnen sich aus der Summe eines risikolosen Basiszinses und einer unternehmensindividuellen Risikoprämie:
rE = rF + β* (rM–rF)
mit
rE Eigenkapitalkosten
rF risikoloser Basiszins
β*(rM–rF) Risikoprämie
rM Marktrendite
(rM–rF) Marktrisikoprämie
β Beta-Faktor
Der Beta-Faktor, der die Volatilität einer einzelnen Aktie in Relation zur Volatilität des Marktportfolios (z.B des MSCI World Index) beschreibt, wird i. d. R. aus der historischen Ableitung ermittelt (historisches Beta). Von manchen Marktteilnehmern (u. a. Oppenheim Research) wird der ß-Faktor auch aus strukturellen Komponenten plausibilisiert und bestimmt.
Die Fremdkapitalkosten errechnen sich aus den Kosten für zinstragendes, langfristiges Fremdkapital des zu bewertenden Unternehmens, abzüglich der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield).
Multiplikatorenbewertungen
Bei der Multiplikatorenbewertung wird der (potenzielle) Marktwert eines nicht börsennotierten Unternehmens auf Basis von beobachteten Marktwerten von ökonomisch gleichwertigen Referenzobjekten (vergleichbaren Unternehmen) ermittelt. Ein Multiplikator zeigt das Verhältnis zwischen dem beobachteten Marktwert eines Unternehmens und einer Überschussgröße desselben Unternehmens auf.
Die Multiplikatorenbewertung findet im Rahmen der Preisermittlung eines Börsenganges i. d. R. auf der Basis von den folgenden Überschussgrößen statt:
- EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte)
- EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern)
- Jahresüberschuss (Ergebnis nach Steuern)
Im ersten Schritt werden mit dem Börsenaspiranten vergleichbare, börsennotierte Unternehmen ermittelt. Vergleichbare Unternehmen sollten neben demselben Industriefokus idealerweise auch über eine vergleichbare Größenordnung, einen ähnlichen regionalen Fokus sowie über gleichartige Profitabilitätsmargen verfügen. Ist das zu bewertende Unternehmen in verschiedenen Branchen tätig, können auch verschiedene Untergruppen an vergleichenden Unternehmen herangezogen werden, um eine sogenannte „Sum-of-the-Parts“-Bewertung durchzuführen.
Im nächsten Schritt wird dann das Verhältnis zwischen beobachtetem Marktwert der einzelnen Vergleichsunternehmen und den Überschussgrößen der jeweiligen Unternehmen ermittelt.
Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise erfolgt in den nächsten Abschnitten, in denen die drei gängigsten Multiplikatorenverfahren – KGV, EV/EBITDA und EV/EBIT – beschrieben werden.
Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist nach wie vor die am häufigsten verwendete Kennzahl bei institutionellen und privaten Investoren. Das KGV sagt aus, mit dem Wievielfachen des Jahresüberschusses des laufenden oder nächsten Jahres ein Unternehmen aktuell bewertet ist (z. B. ein KGV von 10 auf das laufende Jahr bedeutet, dass die Aktie mit dem 10-fachen des erwarteten Gewinns pro Aktie des laufenden Jahres bewertet ist bzw. der Marktwert des Eigenkapitals des Unternehmens dem 10-fachen des Jahresüberschusses entspricht).
Um zu einer Bewertungsindikation des Börsenkandidaten zu gelangen, werden im ersten Schritt die jeweiligen KGVs der vergleichbaren, börsennotierten Unternehmen in Bezug auf den erwarteten Jahresüberschuss des laufenden und kommenden Geschäftsjahres ermittelt. Der erwartete Jahresüberschuss des laufenden und kommenden Geschäftsjahres der einzelnen Vergleichsunternehmen lässt sich aus Konsensschätzungen von Finanzanalysten entnehmen.
Multipliziert man nun den Mittelwert oder Median der KGVs der Vergleichsunternehmen oder alternativ die Bandbreite der KGVs mit dem erwarteten Jahresüberschuss des Börsenkandidaten, so erhält man den abgeleiteten, implizierten Marktwert des Eigenkapitals des Börsenkandidaten.
Der durch die Multiplikatorenverfahren abgeleitete implizierte Marktwert des Eigenkapitals stellt eine Momentaufnahme dar, unter Annahme der aktuellen Börsenkurse der Vergleichsunternehmen.
EV (Unternehmenswert)/EBIT
Die EV/EBIT-Kennzahl zeigt das Verhältnis zwischen dem aktuellem Unternehmenswert und dem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf. Da das EBIT den Überschuss eines Jahres darstellt, der sowohl den Eigenkapitalgebern als auch den Fremdkapitalgebern zusteht (Ergebnis vor Zinsen), wird diese Kennzahl in Relation zum Unternehmensgesamtwert und nicht wie beim KGV zum Eigenkapitalwert gesetzt.
Um zu einer Bewertungsindikation des Börsenkandidaten zu gelangen, werden im ersten Schritt die jeweiligen EV/EBIT-Multiplikatoren der vergleichbaren Unternehmen in Bezug auf das erwartete Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) des laufenden und kommenden Geschäftsjahres ermittelt. Der aktuelle Unternehmensgesamtwert ist die Summe aus dem beobachteten Eigenkapitalwert (Aktienkurs x Anzahl an Aktien) und dem Marktwert des Nettofremdkapitals (Saldo des verzinslichen Fremdkapitals und der flüssigen Mittel).
Multipliziert man nun den Mittelwert oder Median der EV/EBIT-Multiplikatoren der Vergleichsunternehmen oder alternativ die Bandbreite der EV/EBITs mit dem erwarteten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) des Börsenkandidaten, so erhält man den abgeleiteten, implizierten Unternehmensgesamtwert des Börsenkandidaten. Nach Abzug des Marktwerts des Nettofremdkapitals erhält man den Markwert des Eigenkapitals des Börsenkandidaten.
EV (Unternehmenswert)/EBITDA
Die EV/EBITDA-Kennzahl zeigt das Verhältnis zwischen dem aktuellen Unternehmenswert und dem Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (EBITDA) auf.
Analog zum oben beschriebenen EV/EBIT-Verfahren erhält man den abgeleiteten, implizierten Unternehmensgesamtwert des Börsenkandidaten durch Multiplikation von EV/EBITDA-Multiplikatoren der Vergleichsunternehmen und dem erwarteten Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (EBITDA) des Börsenkandidaten.
EBITDA- und EBIT-Multiplikatoren werden primär für Industrieunternehmen mit hohem Anlagevermögen und Abschreibungen angewandt.
Die Vor- und Nachteile der drei gängigsten Multiplikatoren werden in der unten abgebildeten Tabelle dargestellt:
Multiplikator | Vorteile | Nachteile |
KGV |
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EV/EBIT |
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EV/EBITDA |
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Methode | Vorteile | Nachteile |
Multiplikatoren |
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DCF |
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Von der Unternehmensbewertung bis zur Emissionspreisfestsetzung
Zwischen den ersten Bewertungsindikationen des Börsenaspiranten, die in der Regel von den sich um die Begleitung des Börsenganges bewerbenden Banken im Rahmen des Beauty Contest abgegeben werden, und der endgültigen Preisfindung liegt ein langer und komplexer Prozess. Da der gesamte IPO-Prozess – von der Mandatierung der Konsortialbanken bis zur finalen Preisfestlegung – in der Regel zwischen vier und sechs Monate dauert und sich in dieser Zeit die Stimmung und die Bewertung am Kapitalmarkt ändern kann sowie in dieser Zeit detaillierte Erkenntnisse zum Unternehmen aufgenommen werden, muss die erste Bewertungsindikation des Unternehmens in der Regel während des Prozesses angepasst werden.
Vorbereitungs- und Prüfungsphase
Ein grundlegendes unternehmens- und industriespezifisches Verständnis liefert die Basis und Voraussetzung für eine fundierte Unternehmensbewertung. In der Vorbereitungsphase eines Börsenganges, die in der Regel ca. drei bis vier Monate andauert, führt die konsortialführende Bank eine fundierte Business Due Diligence durch. Die Business Due Diligence analysiert im Wesentlichen die historische, aktuelle und zukünftige Entwicklung des Börsenaspiranten, untersucht die Branche und das Marktumfeld und ermittelt die unternehmens- und marktbezogenen Chancen und Risiken. Die aus der Business Due Diligence gewonnenen Erkenntnisse, die in den Wertpapierprospekt und die Analystenpräsentation einfließen, liefern eine erste grundlegende Basis für die Bewertung des Börsenaspiranten.
Neben der Business Due Diligence führt die konsortialführende Bank oder ein separat mandatierter unabhängiger Wirtschaftsprüfer eine Financial & Tax Due Diligence durch. Die Financial Due Diligence analysiert zum einen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft in den letzten drei Geschäftsjahren und zum anderen die detaillierte Planungsrechnungen der Gesellschaft. Die konsortialführende Bank führt im Anschluss mit der in der Financial & Tax Due Diligence verifizierten Unternehmensplanung seine unabhängige und neutrale Unternehmensbewertung durch.
Zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Vorbereitungs- und Prüfungsphase findet das Analystenmeeting statt, das den Beginn der Vermarktungsphase einleitet. In dem Analystenmeeting präsentiert sich das Management des Börsenkandidaten den Finanzanalysten des gesamten Bankenkonsortiums. Zu diesem Treffen wurde im Vorfeld eine Analystenpräsentation erstellt, die alle wesentlichen Informationen zum Unternehmen, der Industrie, den unternehmens- und marktspezifischen Chancen und Risiken, den Finanzzahlen und der Unternehmensstrategie beinhaltet. Da die Unternehmensplanung- und Planungsrechnung kein Bestandteil der Analystenpräsentation darstellt, besteht die Aufgabe der Finanzanalysten darin, plausible Schätzungen für die zukünftige Unternehmensentwicklung aus den Informationen der Analystenpräsentation und sonstigen öffentlich verfügbaren Quellen abzuleiten.
Im Anschluss an die Analystenpräsentation bleibt den Finanzanalysten drei bis vier Wochen Zeit, eine Emissionsstudie zu schreiben. In der Emissionsstudie stellt der Finanzanalyst neben seiner unternehmensund marktspezifischen Einschätzung eine detaillierte Unternehmensbewertung dar (normalerweise eine DCF-Bewertung sowie eine Multiplikatorenbewertung).
Die Emissionsstudien dienen als wichtige und zentrale Informations- und Marketinginstrumente und bilden, neben dem Emissionsprospekt, die Basis für die Meinungsbildung und Preisfindung der Investoren. Die auf die Vorbereitungsphase folgende, teilweise auch überlappende Vermarktungsphase, sprich die Interaktion zwischen Börsenaspiranten und Investoren, findet in einem zwei- bis dreistufigen Prozess statt – dem „Pilot Fishing“, dem „Pre-Marketing“ und der „Roadshow“.
Pilot Fishing / Investors’ Sounding
Oft wird zu einem relativ frühen Stadium, ca. sechs bis acht Wochen vor Börsennotiz, in einem Pilot Fishing das Gespräch mit einigen wenigen wichtigen Investoren gesucht. Ziel ist es, den Investment Case mit Großinvestoren zu erörtern und so bereits früh eine Indikation über die Platzierungsfähigkeit zu erlangen, um eine Einschätzung der Equity Story zu substanzieren. Üblicherweise werden hier auch Bewertungsthemen diskutiert, insbesondere die Auswahl der heranzuziehenden Vergleichsunternehmen.
Pre-Marketing
Während der Pre-Marketing-Phase, die i. d. R. zwei bis vier Wochen vor der Börsennotiz beginnt und ein bis zwei Wochen andauert, besuchen die Finanzanalysten der Syndikatsbanken interessierte Investoren und präsentieren ihre davor veröffentlichten und versandten Emissionsstudien. Ziel des Pre-Marketing ist es, das Bewusstsein über den Börsenkandidaten seitens der Investoren zu erhöhen und fundierte Einschätzungen hinsichtlich der Preisvorstellung der institutionellen Investoren, der Platzierbarkeit und dem Nachfragepotenzial zu erlangen. Die Konsortialbanken holen sich im Anschluss an die Investorengespräche Feedback ein und werten es qualitativ und quantitativ aus. Das Pre-Marketing-Feedback liefert wichtige Erkenntnisse über die Preisvorstellungen und Zahlungsbereitschaft der Investoren und bildet die zentrale Grundlage zur Festlegung der Preisspanne.
Management Roadshow und Bookbuilding
Während der Management Roadshow, die üblicherweise ein bis zwei Wochen vor der Börsennotiz beginnt und ca. fünf bis zehn Tage andauert, stellt das Management des Emittenten den Investment Case persönlich ausgewählten institutionellen Investoren vor.
Die Preisspanne wird entweder mit Start der Roadshow festgelegt und die Zeichnungsphase beginnt (klassisches Bookbuildingverfahren) oder aber die Preisspanne wird erst nach ein paar Tagen Roadshow festgesetzt und die Zeichnungsphase beginnt analog dazu zeitversetzt zur Roadshow (Decoupled Bookbuilding). Für den Emittenten und die Syndikatsbanken hat das Decoupled Bookbuilding den Vorteil, dass Rückmeldungen von Investoren aus den ersten Tagen der Management Roadshow in die Festlegung der Preisspanne einfließen können.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass zur Preisfindung in einem IPO zwar nahezu ausschließlich das Bookbuildingverfahren angewandt wird, aber noch andere Preisermittlungsverfahren wie das Festpreisverfahren existieren. Da das Bookbuildingverfahren aber heutzutage das einzig wirklich anerkannte Verfahren darstellt, werden die anderen Verfahren hier nicht diskutiert.
Zusammengefasst ergibt sich die Preisspanne primär aus den Rückmeldungen von Investoren während der Pre-Marketing-Phase und beim Decoupled- Verfahren“ zusätzlich aus den ersten Tagen der Management Roadshow, unter Berücksichtigung des aktuellen Kapitalmarktumfelds. Die Emissionsspanne sollte darüber hinaus einen Zeichnungsanreiz (IPO Discount) beinhalten, den Investoren primär für die nicht vorhandene Historie des Börsenaspiranten als börsennotiertes Unternehmen fordern.
Nach Festlegung und Veröffentlichung der Preisspanne und Beginn der Zeichnungsphase, die gewöhnlich fünf bis zehn Tage andauert, nehmen die Konsortialbanken Zeichnungen ihrer Kunden (Investoren) entgegen. Zeichnungswünsche enthalten die Ordergröße und die Preisvorstellung (preisliches Limit) der Investoren. Zeichnungswünsche von Privatanlegern werden separat erfasst.
Preisfestsetzung und Zuteilung
Am Ende der Zeichnungsphase werden die eingegangenen Zeichnungen ausgewertet. Die konsortialführende Bank wertet zu jedem Preisschritt in der Preisspanne die Gesamtnachfrage und die Qualität der Zeichnungen aus. Der endgültige Emissionspreis, den die konsortialführenden Banken gemeinsam mit den Altaktionären und dem Unternehmen ermitteln, wird unter Berücksichtigung der Gesamtnachfrage, der Preissensitivität der Zeichnungen, der Investorenqualität und der aktuellen Stimmung am Kapitalmarkt festgelegt. Mit Blick auf eine stabile Sekundärmarktentwicklung sowie einer hochwertigen Investorenbasis kann es durchaus zielführend sein, nicht den maximal möglichen Emissionspreis auszuwählen, um so der Aktie noch Potenzial nach oben einzuräumen.
Die Aktienzuteilung an Investoren wird von der konsortialführenden Bank in Abstimmung mit den Altaktionären und dem Emittenten durchgeführt. Ziel der Zuteilungspolitik und Preisfestsetzung sollte eine hochwertige, langfristig orientierte Investorenbasis kombiniert mit einer liquiden Aktie im Sekundärmarkt darstellen. Eine optimale Zielinvestorenstruktur stellt eine Mischung aus langfristig orientierten Investoren wie namhaften Investmentfonds, Pensionsgesellschaften und Versicherungsgesellschaften sowie aktiven institutionellen Investoren wie Hedge-Fonds dar. Eine Zuteilung an Privatanleger als Beimischung sollte aus Liquiditäts- und VermarktungsUnternehmens in der Regel während des Prozesses angepasst werden.aspekten erfolgen.
Abschließend bleibt zusammenfassend zu sagen, dass die Höhe der Preisspanne und des Emissionspreises maßgeblich von der Investorenresonanz, sprich dem Markt und damit dem Angebot und der Nachfrage, bestimmt wird. Der Emissionspreis ist letztlich eine Funktion der Preissensitivität der Investoren einerseits und der angestrebten Qualität der Investorenbasis andererseits.
Die Festlegung eines marktgerechten Emissionspreises bedarf einer umfassenden Erfahrung im Kapitalmarktgeschäft sowie einer exzellenten Kenntnis der institutionellen Investoren weltweit.
Autor: Carsten Klante / Dominik Bär
PDF: Unternehmenswert und Emissionspreis